Wieder ist eine Person gestorben, die zu meinem beruflichen Weg in den neunziger Jahren gehörte. Den ersten Kontakt mit Werner Ballarin hatte ich für ein Stadtstreicher-Interview, wo ich seit 1994 die Kunstseite mit Texten beliefere. Wenig später saß ich ihm in einer Art Bewerbungsgespräch gegenüber, dem ein Jahr Mitarbeit in der Neuen Sächsischen Galerie, damals noch auf dem Kaßberg gelegen, folgte.
Trotz des kleinen Pferdeschwänzchens im ergrauten Haar war Ballarin ganz „old Style“, immer korrekt, etwas altmodisch. Obwohl ich eigentlich Neuling als Kunsthistoriker war, respektierte er mich als Kollegen auf Augenhöhe, verschaffte mir erste Auftrege für Reden bei Vernissagen und übertrug mir das Kuratieren ganzer Ausstellungen.
Dass es die NSG überhaupt gibt, ist eindeutig sein Verdienst. Mit einer Handvoll Mitstreiter hatte er 1990 die vormalige Stasi-Bezirkszentrale besetzt und die Galerie etabliert. Auch die Wiedergründung der Kunsthütte, gleich nebenan gelegen, und das Projekt des Kultur-Karrees an der Hohen Straße sind zum großen Teil ihm zu verdanken.
Old Style heißt aber auch, etwas konservativ zu sein. So kannte er junge Kunst fast nur, wenn sie ihm ins Haus getragen wurde, unterwegs durch die Ateliers des Landes war er kaum. Die „Großen Alten“ hieß bezeichnenderweise eine seiner Ausstellungreihen. Und er klebte so an seinem „Baby“ NSG, dass ein geordneter Übergang nach der Pensionierung schwer wurde. Die erste Nachfolgerin warf schon nach einem Jahr das Handtuch. Der jetzige Direktor Mathias Lindner hat die Verhältnisse geklärt und macht manches anders, als von Ballarin gewollt. Die Öffnung über die engen sächsischen Grenzen hinaus mag positiv sein, die Trennung der bildenden Kunst von den angewandten Schwestern wohl kaum.
Werner Ballarin starb am 15. Oktober nach mehreren Jahren schwerer Krankheit in Berlin.