Der Friedenstag in Chemnitz am 8. März 2025 war der dritte nach dem Überfall Russlands (dem zweiten nach 2014) auf die Ukraine und der zweite nach dem Massaker der Hamas in Israel.
Bei der Feier wie auch der Verleihung des Friedenspreises am Freitag spielten beide Ereignisse keine nennenswerte Rolle. Versöhnung stand im Mittelpunkt des Gedenkens. Deshalb war der Domprobst von Coventry angereist, um bei der Weihe des Nagelkreuzes von Coventry in der Jakobikirche dabei zu sein.
Es ist bemerkenswert, dass es eine Versöhnung zwischen Engländern und Deutschen gibt, nach all dem, was passiert ist. Doch der Prozess begann erst 1945. Zuvor war Großbritannien in die Anti-Hitler-Koalition eingetreten, hat sich an der Eröffnung der Westfront beteiligt, hat deutsche Städte, darunter Chemnitz, bombardiert. Vorher war keine Versöhnung möglich.
Zum Friedenstag waren keine ukrainischen Vertreter eingeladen, keine Politiker, keine Flüchtlinge. Dafür aber Putin-Versteher Michael Kretschmer. Die Ukrainer können im Moment nicht an Versöhnung mit Russland denken. Es geht ums Überleben. Also hätten sie die Festlichkeit stören können, besser nicht einladen.
Ganz im Kontrast dazu stand die Eröffnung der Literaturtage „Leselust goes Europe“ am Freitag im Weltecho. Der ukrainische Schriftsteller Juri Andruchowytsch zelebrierte zusammen mit der polnischen Band Karbido eine mitreißende, doch schmerzhafte Performance mit Texten aus seinem Roman „Radio Nacht“. Zuvor die üblichen Grußworte. Darunter von der Chemnitzer Kulturbürgermeisterin Dagmar Ruscheinsky. Die Standing Ovations am Ende des Abends erlebte sie nicht mehr mit, hatte wohl noch andere Termine am späten Abend abzuhaken. Aber um Versöhnung geht es eben bei Andruchowytsch auch nicht. Er hat das falsche Thema gewählt.
Zur Feier des Friedenstages war Nirit Sommerfeld eingeladen, dann wieder ausgeladen. Sie hat die geplante Rede online veröffentlicht. Warum durfte sie nicht dabei sein? Sie setzt sich für Versöhnung ein. Zwischen Juden und Palästinensern. Das geht nicht, ohne die Politik der israelischen Regierung zu kritisieren. Das aber ist in Deutschland gegenwärtig nicht opportun.
Der Konflikt in Israel ist eine viel komplexere Gemengelage als der Krieg gegen die Ukraine. Da steht fest, wer der Aggressor ist. Die Schuld für die Verbrechen des 7. Oktober 2023 ist auch völlig klar. Doch das politische Umfeld, über Jahrzehnte gewachsen, ist nicht geeignet für einseitige Schuldzuweisungen.
Der Begriff des Friedens ist in der Gegenwart kontaminiert. Kohlmanns Neonazi-Truppe marschiert jeden Montag mit Friedenstauben-Fahnen durch Chemnitz. Und Uwe Steimle, nicht weniger rechts, vergöttert die Friedenstaube und wird immer wieder von Uwe Dziuballa, nach eigener Darstellung Jude, nach Chemnitz eingeladen, um hier sein Gesabber abzulassen. Und dann gibt es noch die Wagenknechte, die links sein möchten, aber dem größten Aggressor und Diktator der Gegenwart hörig verfallen sind.
Der Chemnitzer Friedenstag hat sich unglaubwürdig gemacht. Sollte er vielleicht für eine Weile pausieren?