„Was mich immer etwas enttäuscht, dass die Zeitungstexte kaum konkret werden …“ beschwert sich Andreas Schüller, selbst Künstler und Chef der Chemnitzer Galerie Laterne, im aktuellen Laterne-Journal, über die Harmlosigkeit von Kunstkritik. Da muss ich an eine heftige Debatte denken, die ich mit Andreas vor langer Zeit, 13 Jahre etwa, hatte. Meinen Text im Stadtstreicher über eine Ausstellung in der Laterne fand er zu konkret in negativer Richtung. Daraufhin erschien in seinem Journal eine wütende Attacke auf diese blöden Journalisten, die mich wiederum zu einer Replik veranlasste.
Solche Auseinandersetzungen sind tatsächlich selten. So selten wie Verisse über Kunstausstellungen. In überregionalen Medien findet man die, Robert Hughes Sammlung Denn ich bin nichts, wenn ich nicht lästern darf ist ein wunderbares Beispiel dafür. Aber in der Lokalpresse scheint das schwer machbar, selbst wenn die Redaktionen es erlauben. Das hat Gründe.
In den neunziger Jahren hatte ich in Chemnitz den Ruf, alles schlecht zu machen, was da an Kunst geboten wurde. Das stimmte schon damals nicht, aber die Verrisse prägten sich eben besser ein. Mit der Zeit lernte ich fast alle Künstler der Region persönlich kennen, die Galeristen ebenso. Und wenn man mit jemandem schon mal nett geplaudert oder ein Bier getrunken hat, fällt es dann schwerer, in der Zeitung zu schreiben, seine Artefakte seien Schnulli.
Nach dem Umzug nach Leipzig hätte ich hier eigentlich ganz unbelastet loslegen können. Das ist noch nicht geworden. Stattdessen schreibe ich immer noch meine braven, unkonkreten Textchen für den Stadtstreicher. Doch nun ist Schluss. Im Januarheft sind zum letzten Mal Ausstellungskritiken von mir. Über eine davon wird sich Andreas Schüller wohl etwas ärgern. Zum Abschied noch etwas Boshaftigkeit.
Lieber Jens Kassner! „Freundschaftskritik“ oder ihre milderen Formen sind wohl das geringste der Übel… ABER KURZ: machen sie doch mal los in Leipzig! Und P.S. Respekt vor ihrer Intensität auf dieser Seite, am besten war hier unten der AdJUDant bei diesen Nazis… herzlich Meinhard Michael
Das mit der Intensität ist gar nicht so einfach, wenn man ganz nebenbei auch Geld verdienen muss. Und ab und zu schreibe ich ja auch in Leipzig Kritiken, wenn nicht auf dieser Seite, dann u.a. in „Leipzigs Neue“. Aber eben auch dort für nix außer manchmal Freikarten, da ist dann die Intensität auch nicht so, wie es schön wäre. Ich bin für bedingungsloses Grundeinkommen, würde dann garantiert nicht nur rumhängen, wie Sarrazin meint. Nur manchmal.
der rest ist rausch(en]