Ein Nachtrag zur Causa Bruhn
Dass mein Blogbeitrag ernsthafte Resonanz finde, hatte ich nicht erwartet. Die Zugriffe auf den Blog sind bescheiden, auch meine Follower-Zahlen auf Facebook und Twitter sind weit entfernt von dem, was man Influencer nennt. Doch durch Retweets einiger Nutzer mit hoher Reichweite kam eine Lawine ins Rollen. Das Archäologiemuseum Chemnitz hat die Zusammenarbeit mit Ines Bruhn aufgekündigt. Die Westsächsische Hochschule Zwickau, zu der die Abteilung Angewandte Kunst Schneeberg gehört, hat die Überprüfung arbeitsrechtlicher Schritte angekündigt.
Dazu muss ganz klar gesagt werden: Es gibt definitiv KEINE Konsequenzen, weil Frau Bruhn sich nicht impfen lassen will und das öffentlich darstellt, SONDERN weil sie Vergleiche der gegenwärtigen Freiheitsbeschränkungen mit Diffamierungs- und Vernichtungsmaßnahmen im NS-Regime gleichsetzt.
Diese zwei Ebenen müssen ganz eindeutig getrennt werden. In ihren Reaktionen zeigt Ines Bruhn keinerlei Einsicht, dass sie mit ihren Vergleichen voll daneben liegt. Man kann über alle Corona-Maßnahmen streiten. Ich selbst bin gegen eine Impfpflicht, finde es auch nicht gut, dass Tests jetzt kostenpflichtig sind. Und das ganze Chaos der Maßnahmen, das Hin-und-Her, die Inkonsequenzen tragen bei zur Verstimmung bis hin zur Ablehnung der Maßnahmen.
Was aber unerträglich ist, ist die Behauptung, dass wir in einer Diktatur leben, die mit dem Hitlerfaschismus oder wahlweise der DDR vergleichbar sei. Das ist schon deshalb absurd, weil weltweit Staaten unterschiedlichster gesellschaftlicher Aufstellung mit Einschränkungen und Zwangsmaßnahmen auf die Pandemie reagieren müssen. Manche davon, auch in demokratischen Ländern, sind rigoroser als in Deutschland.
Ines Bruhn führt zur Unterstützung ihrer abenteuerlichen Vergleiche Fake-Nachrichten an. Eine ist die Behauptung, ein weitgehend unbekannter CDU-Politiker habe von einer „Endlösung“ gegenüber Ungeimpften gesprochen. Das wurde schon lange als Fälschung enttarnt. Das andere ist diese sogenannte Pathologen-Konferenz. Zwei Pathologen im Ruhestand haben nicht selbst obduziert, sondern sich Material von zehn (!) Obduktionen zuschicken lassen, dieses mit nicht offengelegten Methoden untersucht und dann behauptet, die Impfungen würden ein tödliches Risiko darstellen. Gegendarstellungen offizieller Pathologen-Verbände folgten prompt.
Der Gipfel ist dann, dass Ines Bruhn nach den Gegenreaktionen auf ihren Post noch einen Link nachschiebt, in dem sie einen Offenen Brief angeblicher Holocaust-Überlebender an die europäische Zulassungsbehörde für Arzneimittel und ähnliche Organisationen verbreitet. Das Machwerk hat es in sich. Da werden die weltweiten Impfkampagnen mit dem Holocaust verglichen und als organisiertes Verbrechen bezeichnet, die angeblich nicht zugelassenen Impfstoffe mit den Experimenten Mengeles gleichgestellt und die Presse sei gesteuert wie unter Goebbels. Da heißt es: „Die »Impfung« gegen Covid hat sich für etwa 99 % aller Menschen als gefährlicher erwiesen als Covid.“ Merkwürdig nur, dass das mit den empirischen Erfahrungen in keiner Weise übereinstimmt. Ich selbst und die vielen Geimpften, die ich kenne, haben keinerlei Nebenwirkungen. Die Infizierten aber, mit denen ich persönlichen Kontakt hatte, leiden zum großen Teil noch heute an Nachwirkungen. Zwei Bekannte meiner Frau sind auch gestorben.
Wie kommt es, dass gebildete und intelligente Personen wie Bruhn und Kozik sich auf die Pseudoargumente rechtsradikaler Rattenfänger einlassen? Da bin ich ratlos. Auf das Phänomen, dass sie sich hinter dem angeblichen Argument des Antisemitismus verstecken, muss ich in einem späteren Text eingehen, weil das noch viel weitere Auswirkungen über die Corona-Problematik hinaus hat.
Ist es nun aber sinnvoll, sich überhaupt damit auseinanderzusetzen? Die Aufregung legt sich doch von selbst. Wegsehen ist eine Alternative. Das Problem ist aber, dass rechte bis rechtsradikale Positionen in der „bürgerlichen Mitte“ angekommen sind. Bruhn und Kozik sind Beispiele dafür, auch der Leipziger Maler Axel Krause, die Dresdener Buchhändlerin und Verlegerin Susanne Dagen, Schriftsteller wie Uwe Tellkamp und Monika Maron ebenso. Eigentlich muss man auch Neo Rauch dazu zählen. Er ist aber zu clever, sich klar zu äußern. Man kann ihn mit seinem Geschwurbel nicht festnageln.
Als ich vor fast zwanzig Jahren zum ersten Mal in einem Online-Journal der Neuen Rechten las, man wolle (ausgerechnet unter Berufung auf den Marxisten Antonio Gramsci) die Hegemonie im vorpolitischen Feld erobern, habe ich gelacht. Das war ein schwerer Irrtum meinerseits. Sie sind auf diesem Wege gefährlich weit vorangekommen. Dagegen ist Widerstand notwendig. Ich werde auch weiterhin nicht einfach wegsehen.
Apropos „Hass & Hetze“ als Spezialität der Linken aller Braun- und Rotvarietäten.
Vergleichen ist nicht dasselbe wie Gleichsetzen.
Grundsätzlich kann und muss man alles mit allem vergleichen, um z.B. die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Äpfeln und Orangen zu erkennen. Allermeistens – abgesehen von der Kategorie „Obst“ – setzt Äpfel nicht mit Orangen gleich, weil man Äpfel vorher mit Orangen verglichen hat. Es heißt ja auch „vergleichende Wissenschaft“ und nicht „gleichsetzende Wissenschaft“.
Dass Ungeimpfte als „Sozialschädlinge“ bezeichnet werden und ganz offiziell ausgegrenzt werden, ist eine Tatsache. Diese Tatsache erinnert sehr wohl an die Zeit der National-Sozialisten, die Minderheiten z.B. als „Volksschädlinge“ bezeichneten und in der Folge auch ausgrenzten.
Wer bezeichnet Ungeimpfte als „Sozialschädlinge“ im Sinne der „Volksschädlinge“ der Nazis? Diese wurden verhaftet, so wie die Frau auf dem Foto, für viele endete es mit dem Tod. Solch ein Vergleich ist unsäglich.
FDP-Bundestagsabgeordneter Rainer Stinner hat Ungeimpfte als Sozialschädlinge bezeichnet. Schauen Sie, Herr K. Sie haben offensichtlich die Wörter „Sozialschädlinge“ und „Volksschädlinge“ miteinander verglichen und sind zu dem Schluß gekommen, dass Ihre angebeteten National-Sozialisten noch immer das Heiligste sind, was Sie kennen. So heilig, dass Sie strukturelle Gemeinsamkeiten des Sinnes und der Bedeutung dieser beiden Wörter nicht sehen dürfen. – Wie wäre es, wenn Sie Ihre unberührbar heiligen National-Sozialisten mal in den Dreck des Gewöhnlichen und Alltäglichen ziehen würden?