Da gehe ich nun seit vielen Wochen endlich wieder ins Kino und erwische einen der schlechtesten Filme, die ich je gesehen habe (im Kino zumindest). „Die wilde Zeit“ nennt sich das Werk von Olivier Assayas. Es geht um Jugendliche im Frankreich der frühen Siebziger. 68 ist schon Geschichte, doch politische Kämpfe sind immer noch Alltag. Es ging nicht um Homoehe oder Reichensteuer, sondern die „Systemfrage“. So sind eben für die maoistisch orientierten Abiturienten als Haupthelden des Film einige Bauarbeiter Faschisten, weil sie von denen beim Besprühen des Schulgebäudes mit Parolen gestört werden.
Sex, Drugs, Rock´n Roll und ganz viel Revolution müssten als Stoff eigentlich reichen, um zumindest braucbbare Unterhaltung zu produzieren. Doch über volle zwei Stunden schleppt sich die Handlung dahin, von einer dramaturgischen Kurve hat Assayas wohl noch nie etwas gehört. Da stimmt nichts: ein miserables Drehbuch, mäßige Schauspieler (die vielleicht nicht selbst schuld sind), handwerkliche Schnitzer, schreckliche Synchronisation (bei der ein Waldspaziergang den Sound eines Parteilehrjahres hat). Die Dialoge sind so hölzern, dass man schon vorhersehen kann, welche Parole demnächst abgelassen wird. Alle Stereotypen sind da. Es fängt schon damit an, dass der Hauptheld das A mit Kreis in die Schulbank ritzt und geht weiter mit Straßenschlachten, nackten Brüsten, sogar mal einem Pimmel (meditierend), Flucht nach Italien mit Kontakten zu streikenden Arbeitern, Tanz ums Lagerfeuer, Nepal-Reise zum Erlernen spirituellen Tanzes.
Das mag sich alles mal 1:1 so zugetragen haben, wahrscheinlich sogar im Leben des Regisseurs. Doch selbst als Dokumentarfilm mit möglicherweise erhaltenem Material wäre so eine Aneinanderreihung dröge. Und von einem Spielfilm erwartet man ja noch etwas mehr an Spannungsbögen.
Ein brauchbares Thema dafür hätte der (innere) Konflikt der künftigen Kunststudenten zwischen umstürzlerischem Aktionismus und kontemplativem Ästhetizismus sein können. Aber da schabt der Regisseur nur an der Oberfläche rum.
Prädikat: Besonders wertlos.