Die Galerie für zeitgenössische Kunst Leipzig ist garantiert nicht sich die einzige Institution, die sich in einem üppigen Programm mit dem 100. Geburtstages von John Cage beschäftigt. Ein Höhepunkt dabei wird sicherlich die Aufführung der kollektiven Komposition von 100 deutschen und US-amerkanischen Komponisten sein, die nach dem Prinzip des „cadavre exquis“ entsteht.
Beim Besuch in Salzburg Anfang August haben wir uns auch die dortige Ausstellung im Museum der Moderne auf dem Möchsberg „John Cage und …“ angesehen. Dabei steht mehr als in Leipzig, wo es auf heutige Interpretationen ankommt, die (bild-)künstlerische Arbeit von Cage und seiner Freunde und Zeitgenossen im Mittelpunkt. Dennoch verbindet beide Projekte die Frage „Was kann uns Cage heute noch sagen?“
Was wohl? Dass es vor einer nicht sehr langen Zeit noch Aufsehen erregte, wenn Künstler Grenzen einrissen. Zum Beispiel 4,33 Minuten lang keine Musik zu machen. Oder das Prinzip des Zufalls in den Vordergrund zu stellen. Heute gehören die kreativen Prinzipien von Cage zum Standardrepertoire im Grundstudium jeder Kunsthochschschule, teilweise sogar an ganz normalen Gymnasien. Das ist ein gewaltiger Erfolg. Seine Träume sind wahr geworden. Und damit ins Banale abgerutscht.
Wenn man immer noch Aufsehen erregen will, muss man die Radikalität steigern. Wie etwa Christian MacLays, der in seinem Video eine sich entkleidende Frau letztlich mit einer E-Gitarre kopulieren lässt, das Klangergebnis dann als „Solo“ bezeichnet. Doch auch das kann sogar im konservativen Salzburg keinen Sturm der Entrüstung mehr erzeugen. So what? Wir haben schon alles gesehen.
John Cage war ein Genie. Ein Genie des 20. Jahrhunderts. Das ist vorbei. Es bleiben schöne Reminiszensen übrig, unzählige Neuinterpretationen, Weiterentwicklungen. Und die Frage: Was soll den jetzt noch kommen?