Eine neue Biografie über Max Schwimmer
Es wurde Zeit, dass nach dreißig Jahren endlich ein neues Überblickswerk zu dem bedeutenden Leipziger Künstler erscheint. Inge Stuhr hat dafür akribisch Briefe, Tagebücher, Zeitungsartikel und andere Dokumente ausgewertet. Da wo Lücken bleiben, liegt das offensichtlich nicht an der Recherche, sondern am partiellen Fehlen von Zeugnissen. Da Max Schwimmer den größten Teil seines Lebens in Leipzig verbrachte und immer wieder hierher zurückkehrte, ist das Buch zugleich auch ein Stück Stadtgeschichte. Dass sich das Buch Biografie nennt, erklärt vielleicht, dass sich die Autorin mit kunstwissenschaftlichen Wertungen der Werke Schwimmers auffallend zurückhält.
Die Persönlichkeit hingegen wird plastisch dargestellt. Als Künstler war Max Schwimmer kein Avantgardist. Nach Versuchen in expressionistischer Ausdrucksweise – reichlich zehn Jahre nach der ersten Blüte dieses Stils – kam er in einer spätimpressionistischen Art zu malen und zeichnen an, die er bis zu seinem frühen Tod 1960 vervollkommnete und variierte. Als Mensch war er Opportunist. Politisch radikal war Schwimmer nur kurze Zeit um die Novemberrevolution herum, in den 1920ern stand er der SPD nahe und arbeitete für deren örtliches Presseorgan, die LVZ. Im NS-Regime aber, als eine engagierte Haltung nötig gewesen wäre, zog er sich ganz in die Kunst (und die Liebe) zurück, versuchte lediglich, dem Kriegsdienst wegen körperlicher Gebrechen zu entkommen. Nach 1945 gab es zwar zeitweise Anfeindungen in der Formalismus-Debatte, doch Schwimmer konnte sich wieder etablieren und in gesellschaftliche Ämter aufsteigen.
Wie von einem Buch über einen Künstler zu erwarten, ist Inge Stuhrs Werk reichlich illustriert. Leider gehen Text und Bebilderung häufig nicht parallel, auch fehlen manche der ausführlich besprochenen Arbeiten oder Zyklen ebenso wie erwähnte Bilder von Kollegen oder Schwimmers Frauen. Vor allem aber ist es schade, dass fast alle Fotodokumente in den Anhang verbannt wurden und dort Briefmarkengröße haben. Somit wird der Untertitel „Eine Biografie“ doch wieder relativiert.