Am Donnerstag, erster Tag der Buchmesse, sah es ungewohnt leer aus in den Hallen. Am Ende wird nun doch ein neuer Besucherrekord gemeldet und die LVZ titelt sogar: Branche tankt neues Selbstbewusstsein. Gab es da mal eine Krise des Verlagsgewerbes? Auffällig und immer wieder wundersam ist jedenfalls, wie trotz des erschlagenden Überangebotes viele Veranstaltungen überfüllt sind. Außer an etlichen Lesenbühnen draußen im Messegalände habe ich das am Donnerstag in der MB zur Langen Lesenacht gespürt, dann auch am Sonnabend zur Diskussion von Harald Welzer und Daniel Cohn-Bendit. Ich dachte, fast allein im Saal des Neuen Schauspiels zu sein, als ich 20 Minuten vorher da ankam. Doch der war schon voll, ich konnte einen der letzten Stühle aus der benachbarten Gaststätte erwischen, die später Gekommenen mussten stehen oder auf dem Fußboden sitzen.
Überrascht war ich aber auch, dass das Thema Urheberrecht, das im Vorjahr so im Mittelpunkt stand, jetzt scheinbar uninteressant geworden ist. So als hätte es da eine sinnvolle Klärung gegeben statt des bescheuerten neuen Leistungsschutzgesetzes. Es lebe das Kurzzeitgedächtnis!
Aber Driftbewegungen sind schon unübersehbar. Die eine ist die immer stärkere Betonung der Gestaltung (nicht nur) von Büchern. Die erstmalige Vergabe eines Preises für Druckgrafik ist ein Symptom dafür, aber auch die vielen Stände von Kunsthochschulen, Illustratoren und so weiter. Die andere Bewegung geht logischerweise in Richtung E-Book und Selbstpublizieren. Auch dazu gab es einen neuen Preis für erfolgreiche Selbstvermarkter.
Im Gegensatz dazu habe ich von vielen Schriftstellern, darunter ganz jungen, in den Diskussrunden immer wieder die Beteuerung gehört, dass ihnen nie ein Lesegerät vor die Augen geraten werde, so beispielsweise einhellig von sämtlichen Podiumsgästen bei der Diwan-Sendung von BR2 am Freitag. Das wirkt dann ziemlich asterixmäßig.