Wanderzirkus

Ich muss nochmals auf das Thema des vorherigen Posts eingehen. Am Dienstag erschienen in der LVZ mehrere Leserbriefe zu den beiden Artikeln der vorigen Woche. Erschreckend ist dabei die Zuschrift des Kunsthändlers Claus Baumann. Darin heißt es: Herr Zöllner hat Recht mit dem, dass er an der Museumspolitik kritisiert. Ein Museum ist nicht dazu da, die Leute zu verdummen. (Rechtschreibung entspricht dem Original). Und man müsste neben Wagenbrett und der Gruppe Opal noch mindestens 300 andere Ortsansässige ausstellen.

Ich habe eine Email an Baumann geschrieben und tatsächlich eine Antwort bekommen. Daraus zitieren darf ich aus rechtlichen Gründen nicht. Zusammenfassung: Dr. Claus Baumann ist der Einzige, der die Spezifik der Leipziger Kunstentwicklung wirklich kennt und versteht. Auf meine Frage, was er genau mit der „Verdummung“ meint, geht er aber nicht ein.

Und die Ausstellung „Point of no Return“ scheint er offenbar ebenso wenig gesehen zu haben wie einige andere mit Leipziger und weiteren sächsischen Künstlern. Dass er meine LVZ-Artikel nicht als Kritiken anerkennen kann, war mir schon klar. Geschenkt.

Ich habe nun auch noch einmal einen Kreuzer-Artikel vom November vorigen Jahres rausgekramt, ein Gastbeitrag von Dieter Daniels. Darin, wie auch in den Aussagen von Zöllner und der Mail von Baumann, wird auf dem angeblichen Eventcharakter der Ausstellungstätigkeit Weidingers herumgehackt. Event heißt auf deutsch Ereignis. Das ist jede Ausstellung, Performance, Aufführung usw. Daniels wurde 1993 als Professor an die HGB berufen. Arno Rink erzählte mir, dass er zu den Leuten gehörte, die Malerei als völlig veraltet darstellten, des Abschaffens würdig. Schon im nächsten Jahr organisierte er die Medienbiennale (es blieb bei der Erstauflage) Minima Media in der Industriebrache der Wollgarnwerke am Elsterufer. Ein Event. Er selbst schrieb dazu: Als erstes umfassendes Medienkunst-Ereignis in den neuen Bundesländern geht sie neue Wege und greift die Gegensätze auf, die in einer Stadt wie Leipzig das Leben zwischen Ost und West, zwischen alten und neuen Werten, Technologien, Medien und Ideen kennzeichnen. Im Grunde genommen ein Vorläufer der beiden Ausstellungen zu Internetkunst im MdbK der letzten Jahre. Worin genau liegt nun eigentlich das Problem?

Von anderer Seite wurde mir zugetragen, dass sich die Beschwerden von Mitarbeitern des Hauses nicht unbedingt auf die Arbeitsbelastung beziehen, sondern eher auf den Widerspruch von Außendarstellung und Vorgängen im Inneren. Auch darauf darf ich nicht genau eingehen. Nur: Das wird eben in Zöllners Artikel nicht thematisiert, obwohl genau daran eine ernsthafte Kritik an Weidingers Gastspiel im Interesse zukünftiger Weichenstellungen ansetzen müsste. Stattdessen eben: Zirkus! Event! Zu einer öffentlichen Debatte über die weitere Museumspolitik trägt Zöllners Text nichts bei, Baumanns Auslassungen noch weniger.

Nun steht ein neuer Direktor (fast) fest, die Zustimmung der Stadtverwaltung dürfte Formsache sein. Stefan Weppelmann wechselt wie Weidinger aus Wien, wo er seit nur fünf Jahren in einem prestigeträchtigen Posten ist, in die ostdeutsche Provinz. Warum?

Ich habe in Berlin die beeindruckende Ausstellung „Gesichter der Renaissance“ gesehen, die Weppelmann mitorganisiert hat. Er gilt als Experte für die Frührenaissance. Gut. Aber hat das irgend einen Bezug zum Leipzig der Gegenwart? Ich will nicht vorverurteilen.

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