Innerhalb weniger Tage sind diverse Artikel zum Amtsantritt Stefan Weppelmanns als neuem Direktor des MdbK Leipzig erschienen. Seine Direktorenschaft beginnt zu einem denkbar unglücklichen Zeitpunkt. Musste das Haus schon im letzten Frühjahr mehrere Wochen schließen, so ist es seit November wieder zu, die groß angekündigte Gursky-Ausstellung wartet auf die Eröffnung. Meist gibt man Frischlingen in der Leitung öffentlicher Einrichtungen 100 Tage Welpenschutz, bevor die Kritik einsetzt. Das kann diesmal nicht reichen. Bis Ende März wird wohl in dem Haus fast nichts passieren, was öffentliche Relevanz hat.
Ein Rückblick. Als Alfred Weidinger 2017 antrat, gab es Skepsis. Ein als Klimt-Experte geltender Österreicher in Leipzig? Auch Weppelmanns vorherige Station ist Wien, er hat sich als Kenner der Renaissance einen Namen gemacht. Das erscheint noch entlegener. Weidinger hat schon vor Amtsantritt mit Arno Rink mehrfach lange Gespräche geführt, als er dann hier war, tingelte er durch viele Ateliers und Residenzprogramme, lud etliche Leute zu sich ein. Eine große Neugier war nicht zu übersehen. Doch in der ersten Pressekonferenz legte er schon ziemlich konkrete Kernpunkte seines Programms vor, darunter die Absicht, Fotografie und Kunst von Frauen hervorzuheben. Es folgte ein Stakkato vieler kleiner, einiger großer Ausstellungen. Viele davon zeigten ganz junge Kunst, manchmal noch Studentinnen und Studenten. Auch das Digitale spielte eine Rolle.
Was man von Stefan Weppelmann bisher vernimmt, klingt ziemlich vage. Junge Kunst solle weiterhin zu sehen sein, doch die müsse er erst einmal kennenlernen. Dafür ist ja nun genügend Zeit, da es im Haus nicht all zu viel zu tun gibt. Die Kooperation mit anderen Institutionen strebe er weiterhin an, welche Weidinger intensiviert hatte. In diesen Punkten scheint es also Kontinuität zu geben. Statt mit der Stadtgesellschaft zu sprechen, wolle er sich aber erst einmal mit den Kollegen im Haus verständigen. Auch dafür ist nun Freiraum vorhanden.
Was er bisher an Namen nennt, erscheint recht willkürlich. Günter Huniat als wichtiger Fotograf in der Dauerausstellung? Versteh ich nicht. Die Cranachwerkstatt könnte zwar ein Besuchermagnet werden, aber mit Leipzig hat das nur mittelbar zu tun. Klinger? Gerade gehabt. Beckmann? Ist als Baby verschleppt worden.
Problematisch erscheint mir, was Weppelmann bezüglich der Dauerausstellung andeutet. Die jüngste Umgestaltung haben wegen des Lockdowns noch nicht sonderlich viele Leute gesehen, ich auch nur in Teilen. Nun soll wohl erneut total umgekrempelt werden. Eine Verschwendung von Ressourcen, die man für andere Aufgaben dringend bräuchte, ist das garantiert. Man kann sich an den farbigen Wänden und großen Beschriftungen stören. Doch eine Stärke der jetzigen Präsentation ist doch die Betonung der Entstehung des Museums aus bürgerlichen Sammlungen, ein wichtiger Unterschied zu früheren herrschaftlichen Kollektionen oder jungen Neugründungen. Daraus nun eine Volksbildungseinrichtung zu machen, verwässert aber den Markenkern.
Es wird vermutlich wieder konservativer zugehen im Museum, wohl auch etwas betulicher. Aber das beurteilen zu können, reichen eben keine 100 Tage. Ein ganzes Jahr sollte man Stefan Weppelmann zugestehen für ein vorläufiges Fazit.