Ein vor zwei Wochen eingetroffenes Päckchen mit französischem Absender enthielt ein kleines, aber dickes Buch, exakt so aussehend wie die Reclam-Bände bis vor wenigen Wochen. Doch statt des bekannten Verlagsnamens steht >>greatest hits<<. Der Einzige und sein Eigentum nennt sich das Werk. Doch statt Max Stirner steht da Michalis Pichler als Autor. Beim Aufschlagen denke ich, dass mir da jemand in Überschätzung meiner Beziehungen zu Konkreter Poesie ein Rezensionsexemplar für ebensolche Dichtkunst zukommen lasen will. Denn auf den Seiten stehen immer nur wenige Worte, scheinbar willkürlich über die Fläche gestreut. Anhand des noch im Päckchen liegenden Zettels wird mir dann klar, woher ich den Autorennamen kenne. Pichlers Statements zur Appropriation habe ich in meinem Essay zu eben jener Kunstrichtung benutzt. Darum wohl diese Zusendung, Google Alert machts möglich.
Das Buch sieht nicht nur aus wie ein Reclam-Band, sondern beruht auch auf einem solchen, eben die Ausgabe von Stirners „Bibel des Egoismus“. Unter Beibehaltung des originalen Layouts hat Pichler über mehr als 400 Seiten den gesamten Text gelöscht, mit Ausnahme der Überschriften und der Personalpronomen erste Person. So steht auf wenigen Seiten gar nichts, häufiger aber verstreut Ich, mich, meine und so weiter. So kommt die „Konkrete Poesie“ also zustande, die sehr überzeugend die Ich-Bezogenheit des Autors demonstriert. Und eine gewisser poetischer Effekt kommt tatsächlich zustande, wenn da etwa auf einer Seite steht Meiner meine Ich Mich Ich. Zugleich ist es eben ein Beispiel für die sinnvollere Anwendung von Appropriation Art, vielleicht mehr der bildenden Kunst zuzuordnen als der Literatur, falls das überhaupt wichtig ist.