Den poet als Zeitschrift anzuerkennen, fällt mir immer etwas schwer, sieht das Druckerzeugnis im A5-Format und mit 255 Seiten doch aus wie ein richtiges Buch. Aber die Bezeichnung „literaturmagazin“ soll wohl dazu verführen, keine Ausgabe verpassen zu wollen, quasi ein Abo auf frische Texte abzuschließen. Zu dieser Verlockung tragen seit Ausgabe 4 auch die Titelgrafiken von Miriam Zedelius bei. So ganz ohne Verpackung scheint es also auch für Herausgeber Andreas Heidtmann nicht zu gehen, der ansonsten gern für Literaturvermittlung in purer Reinheit eintritt.
Ein Schwerpunktthema ist die neue russische Lyrik, ausgewählt von Alexander Nitzberg, der selbst in zwei Sprachen zuhause ist. Sofern denn die elf Namen repräsentativ sein können für solch ein großes Volk mit starker poetischer Tradition, wird klar, dass Versmaß und Reim immer noch eine viel stärkere Rolle spielen als bei deutschen Gegenwartslyrikern, welche ernst genommen werden möchten. Das kann als antiqiuert angesehen werden oder aber als Respekt vor dem potentiellen Leser, der nicht immer nur Rätsel entschlüsseln möchte.
Zum festen Bestandteil des poet sind die ausführlichen Gespräche mit Autoren geworden, ein angenehmes Unterscheidungsmerkmal zu anderen, ähm ja … Zeitschriften. Diesmal sind es durchweg ausländische Schriftsteller(innen), die hier leben und fast alle auch in deutsch ihre Bücher schreiben. Diese Kulturvermischung ist zwar nicht ganz neu, aber bezeichnend für die globale Wanderungsbewegung. Für mich, der selbst in einer multiethnischen Familie lebt, sind diese Blickweisen der Zugereisten sehr interessant.
Recht kurz kommt im achten Poeten die Prosa weg, hier mit „Geschichten“ überschrieben, um die Assonanz mit „Gedichten“ und „Gesprächen“ nicht zu stören. Dafür ist sie aber, wie häufig, der Teil, der auch ohne einen literaturwissenschaftlichen Werkzeugkasten konsumierbar ist. Von den Gedichten sprechen mich nun gerade die an, deren Macher nicht mehr ganz so jung sind – Richard Pietrass beispielsweise. Oder Gerhard Falkner, auch wenn ich bei Lyrik eigentlich nicht so gern zwischendurch nach Wörtern wie Ignatia oder Aramith googeln muss. Trotzdem wirken Falkners Texte zeitgemäßer als die mancher Nachwuchslyriker. Vielleicht liegt das daran, dass ich selbst fast 50 bin.