Vor kurzem habe ich ja über meine Einordnung von Jochen Schmidts Buch Müller haut uns raus unter die Rubrik Zeitgeschichte in der Stadtbibliothek Leipzig berichtet. Nun habe ich das Buch durch und bin dem Rätsel der Etikettierung nicht ernsthaft auf die Spur gekommen. Stattdessen tun sich neue Fragen auf.
Das Titelbild suggeriert, dass mit Müller eben jener Super-Dramatiker gemeint ist. Tatsächlich taucht er auch dann und wann im Text als ferne Bezugsperson auf, so eine Art von Vorbild. Trotzdem wird (für mich) nicht klar, wo er uns weswegen raushauen soll.
Jochen Schmidt gibt sich schon im sogenannten Prolog Mühe, das Erzählte als Fiktion darzustellen. Darum nennt er die Hautperson Jochen Schmitt. Nimmt man diese Konsonantentrift mathematisch, müssten etwa 92 Prozent der Handlung dennoch stark autobiografisch sein. Ich vermute, das stimmt auch so ungefähr, vielleicht mit einem Schuss mehr Phantasie als die Berechnung hergibt. Jedenfalls stolpert dieser Jochen durch die Nachwendejahre, auf der Suche nach der richtigen Frau und genauso nach einem Platz im Leben oder zumindest einem Beruf. Darunter versteht er allerdings was anderes als die pragmatisch denkenden Eltern. Spass muss es auch machen, doch die Interessen verschieben sich immer mal aufs Neue.
Amüsant, aber nicht unbedingt mitreißend ist dargestellt, wie der Dauerstudent Schmitt immer wieder aus Berlin flieht – für ein Jahr ins französische Brest, dann wegen einer Frau nach Spanien und schließlich (weswegen wohl) nach New York. Dort bricht der Roman ab. Von einem Ende kann ich nicht sprechen, das hätte 100 Seiten vorher ebenso kommen können wie nach weiteren 200 Seiten im gleichen Stil. Da war wohl einfach keine Lust mehr da.
Vielleicht ist es mein Fehler, dass ich manchmal ältere Werke von Autoren lese, die mich mit neueren Produktionen begeistert haben. Es gibt ja Entwicklungen. Jedenfalls habe ich von Jochen Schmidt schon Besseres gelesen. Da haut auch Müller nichts raus.