Linientreu

„Lyrik trifft Linie“ nennt sich ein Band, der zumindest durch das Querformat 20 zu 12 Zentimeter aus dem Rahmen fällt. Die Gedichte hat Klaus Meier geschrieben, ein bekennender Dessauer. Die Grafik stammt von Kati Kreklau, die wohl stärker zu Ortsveränderung neigt. Es ist ein Wendeband, man kann ihn von hinten und vorn lesen, sofern man nicht vergisst, an einem bestimmten Punkt die Haltung des Büchleins zu variieren.

Nun ist der Gedanke, Lyrik mit Grafik zu verbinden, nicht so ganz neu. Bei Meiers Gedichten bietet sich das aber besonders an. Sie sind selbst bildreich. Etwa wenn er über einen Avantgardisten schreibt: Weit ausgeholt. Ein kühner Strich ins Weiß. / Ein Lineal im Kopf für jeden der´s / noch immer nicht, nicht / besser weiß. Metaphern aus dem Bereich der Bildkunst sind bei ihm keine Seltenheit.

Meier schreibt ganz traditionelle Gedichte. Man könnte sie fast als altmodisch bezeichnen, auch wenn sie sich selten in herkömmlichen Versen ordnen und reimen. Doch sie sind  trotz ausgiebiger Innenschau nicht derart verrätselt und vorsätzlich „schwierig“ wie ein Großteil heutiger Lyrikproduktion. Und ebenso wenig kitschig, wie der dann zumeist ins Feld geführte Gegenbeweis.

Kati Kreklaus Illustration sind wie das Buch eigenartig zweigeteilt. Zum einen sind es lakonische Kritzelzeichnungen. Diese gefallen mir deutlich besser als die sorgfältig mit Schraffuren ausgearbeiteten anderen Bilder. So schön die ungewöhnlichen Dimensionen des Buchs auch sind, den häufig im Hochformat angelegten Grafiken tut es nicht gut. Die geraten bei reichlich Platz rundum zur Briefmarkensammlung.

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