Vor nicht so langer Zeit hatte ich ja über Edits Magerkeit geschrieben. Unmittelbar vor der Buchmesse erschien das neue Heft. Als Doppelheft 54/55 deklariert hat es zwar 140 Seiten, ist aber nur noch halb so groß im Format. Das soll nach Willen der im Rotationsprinzip wieder einmal recht aufgefrischten Redaktion signalisieren, dass es sich um eine ganz besondere Ausgabe handelt. Es geht ausschließlich um Prosa. Die Lyrik mal für eine Ausgabe zu verbannen, mag so außerordentlich für eine Literaturzeitschrift nicht unbedingt sein, doch es geht um mehr. Acht Prosatexte im eigentlichen Sinn hat ohnehin jede normale Edit, andere Zeitschriften zuweilen mehr. Anstachelungsobjekt war aber die vor vier Jahren erschienene BELLA Triste Nr. 17, die sich ganz und gar der Lyrik verschrieben hatte. Was die Hildesheimer Schreiberlehrlinge können, müssen die Profis des einzigen, richtigen und unverwechselbaren Deutschen Literaturinstituts Leipzig erst recht können. Darum also dieses Prosa-Sonderheft. Diese Bt 17 war schon etwas Eigenes, nicht nur eine von vielen Anthologien deutschsprachiger Gegenwartslyrik, sondern auch noch mit einer Interpretation zu jedem Autor versehen, welche dann teilweise nochmals von einer anderen Fachkraft kommentiert wurde. Zwar hat sich mein Zugang zu der Art von heutiger Dichtung, welche im etablierten Literaturbetrieb akzeptiert wird, noch nicht tiefgreifend verändert, aber das mag an mir selbst liegen.
Diese Edit hält dem Vergleich mit dem erklärten Vorbild nicht stand. Nicht nur, dass gerade mal acht Texte bei weitem nicht die Vielfalt heutiger Kurzprosa auch nur annähernd spiegeln können. Auch die Essays und knappen Stellungnahmen weiterer Autoren sagen dem, der ohnehin viel liest, wenig Neues. Ein erleichtertes Verständnis der stilvoll auf rosa Papier gedruckten „richtigen“ Literatur sollen sie ohnehin nicht liefern, ist vielleicht auch nicht so nötig wie bei Lyrik. Herauslesen konnte ich nur eine gewisse Verteidigungshaltung. Kurze Prosa wolle angeblich niemand haben. Als würde jemand nach Lyrik schreien! Ich mag kurze Prosa, schon deshalb, weil man schneller weiß, ob es einem gefällt, die Enttäuschung nicht 1680 Seiten mitgeschleppt werden muss. Und wer nicht allzu viel Zeit zur Lektüre neben dem Broterwerb hat, kann die kleine Form sowieso besser konsumieren. Also nicht so viel auf das Genöle der Großverleger geben, weiter schreiben!