Warum hat es 2008 solch einen Skandal um Charlotte Roches Feuchtgebiete gegeben, wo doch schon sechs Jahre zuvor in German Amok von Feridun Zaimoglu all das da ist, worüber sich die Rezensenten damals so aufregten? Über Sex jenseits der Missionarsstellung wird genau so intensiv wie dreckig geschrieben. Hinzu kommen Ausfälle des Ich-Erzählers, eines erfolglosen Berliner Malers, die man bei einem deutschen Autor als rassistisch, chauvinistisch und islamfeindlich bezeichnen würde. Doch so wie die Angehörigen diverser Ethnien werden auch die Ostdeutschen pauschal als dumm und hinterwäldlerisch markiert. Während diese drastischen Überzeichnungen als vorsätzliche Enzyklopädie provokanter Themen erkennbar werden, ist das hauptsächliche Sujet des Romans offensichtlich nur schonungslos realistisch dargestellt – die aufgeblasene Leere des zeitgenössischen Kunstbetriebes. German Amok ist ein bösartiges Buch. Das mag ich.
- Ein privates Blog von Jens Kassner zu Kunst, Literatur, Politik, Alltag und anderen Themen
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