Frau Sibylle zieht in SPON mal wieder vom Leder. So richtig wird mir bei ihr nie ganz klar, was sie eigentlich will. Mal lästert sie über den kapitalistischen Leistungsdruck, dann wieder über diejenigen, die Alternativen dazu entwerfen. Nur der Stil bleibt gleich: ausgelutschte Gemeinfloskeln durch forcierte Sprache aufpeppen.
Nun macht sie mit Sloterdijk und anderen Vordenkern des Neoliberalismus gemeinsame Sache und beschwert sich über die ihrer Meinung nach auf Geiz beruhende „Umsonstkultur“ des Internet. Das funktioniert immer dann am besten, wenn man sich aus solch einem komplexen Gebilde wie dem Internet genau die Krumen rauspickt, welche die eigene These stützen, den großen Rest aber weglässt. Beherrschend sind für Frau Sibylle also die illegalen Downloads von Filmen, Musik, Büchern. Weil eben der Geiz regiert. Da kann man über solche Sachen wie Wikipedia, Open-Source-Software oder Croudfunding mal ganz leger hinwegsehen.
Möglicherweise hat Sibylle Berg aber auch noch nie etwas davon gehört. denn: Das Internet zu verstehen, mit all dem, was sich aus ihm noch entwickeln wird, ist ein wenig, wie das All zu begreifen. Wir sind zu blöd dafür. Diese unverhoffte Offenheit ähnelt etwas der Neuland-Aussage der Kanzlerin. Stimmt schon, das Internet in seiner Gänze zu verstehen und auch noch seine Zukunft zu prognostizieren, ist eine unlösbare Aufgabe. Aber auf der alten Masche der „Umsonstkultur“ rumzureiten, die mit Diebstahl assoziiert wird, ist doch ein neoliberaler Verdummungsversuch. Ob sie selbst an den Shit glaubt? Als Zusammenfassung jedenfalls ruft sie den Lesern zu: Genießen Sie den kostenlosen Beitrag, und vergessen Sie nicht darauf hinzuweisen, dass man für so einen Mist ja wirklich kein Geld verlangen kann. Eigentlich darf man für den Mist wirklich kein Geld verlangen. tut sie aber. Denn der Artikel ist keinesfalls kostenlos. Spiegel zahlt ihr dafür Honorar. Im Unterschied zu den Millionen Enthusiasten, die tatsächlich das Netz kostenlosen Angeboten füttern. Viele davon sind auch noch nützlich. Im Unterschied zu Frau Sibylles Dünnpfiff. Was diese Leute anbieten, ist wirklich kostenlos, was Frau Sibylle schreibt, ist umsonst.