Mein Vorhaben, bis zum 20. März Nietzsches Also sprach Zarathustra zu lesen, ist kläglich gescheitert. Immerhin bin ich bis zum hübschen Zitat „Wer einen Stern gebären will, muss noch etwas Chaos in sich tragen“ gekommen. Das musste als Vorbereitung und Leitlinie für das gestrige Laibach-Konzert im Täubchenthal reichen. Zuvor hatte ich noch die Ehre, den Autor Alexander Pehlemann persönlich kennenzulernen.
Vor zwei Jahren habe ich sie zum ersten Mal im Haus Auensee gesehen und gehört. Damals war ihr Albung Spectre aktuell und ihre skurrile Nordkorea-Reise war gerade passiert. Spectre fand ich für die Maßstäbe der Band ungewöhnlich gefällig. Es Pop zu nennen wäre eine Übertreibung, aber es ist doch ziemlich viel an den Kanten gefeilt worden. Trotzdem war das Konzert mit seiner Wucht des Sounds überwältigend.
Nun also ein Nietzsche-Aufguss. Inhaltlich passt das schon zu Laibachs Vermengung von Versatzstücken des Totalitarismus mit romantischem Kitsch sowie Moderne. Doch musikalisch ist es eine erneute Kehrtwende. Ein bisschen Wagner scheint durchzuschimmern, aber auch stellenweise Atonalität im Sinne der hundertjährigen Neuen Musik. Dazu Zitate aus dem Buch, mehr gesprochen als gesungen. Und eine stringente Videoshow in knallhartem Schwarzweiß. Dafür war diesmal die Kleidung der Band nicht ganz so militaristisch wie zuvor.
Das Bemerkenswerte ist, dass sie ohne Kompromisse ihre Sache durchziehen. Songs von der letzten CD fehlten, dafür einige der weniger bekannten ganz alten. Fast keine Coverversionen, mit denen sie mal berühmt geworden sind, dafür Texte in Slowenisch.
Wie man es von Diktatoren kennt, schert sich Laibach um keinerlei Erwartungshaltungen. So fand ich es zwar gut, dass es jetzt wieder einen richtigen Bassisten gibt, aber schade, dass die Sängerin Mina Špiler in den Hintergrund getreten ist, noch dazu meist durch ein Megafon verzerrt. Aber was ich will, und was die anderen Zuhörer im ziemlich gut gefüllten Täubchenthal wollten, ist Laibach sowas von egal. Sie machen nur das, was sie wollen. Und das ist gut so. Die Band demonstriert überzeugend, dass sie eine Kategorie für sich selbst darstellt – ohne Vergleichsmöglichkeit.