Dieser 24. Februar

Dieser 24. Februar begann dramatisch. Ich war in Berlin, um meine Enkelin zu betreuen. Es war ein Donnerstag. Buchtag in der Kita. Am Abend hatten wir schon das Buch ausgesucht, das sie beim morgendlichen Gesprächskreis vorstellen möchte, und im Korridor bereit gelegt. Dort lag es auch noch, als wir uns der Kita näherten und ich die Fehlstelle bemerkte. Mea culpa. Als ich es Nala gestand, war sie verzweifelt. „Kein Buch! Nein, ich gehe nicht in die Kita!“ Musste sie aber, meine Rückfahrt nach Leipzig ließ sich nicht verschieben.

Auf der Fahrt zum Hauptbahnhof hatte ich endlich Zeit, in die Nachrichten zu schauen. Russland hat die Ukraine überfallen, ist von drei Seiten einmarschiert. Horror.

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Sehnsucht nach den Neunzigern

Auf der Suche nach einem Buch fielen mir vor Kurzem mehrere Bände über Grafidesign in den 1990er Jahren in die Hände: Neville Brody, David Carson, Why not? Beim Blättern kommen nostalgische Gefühle auf. Diese fröhliche Anarchie. Dieses postmoderne „Anything goes“, das sich in der Architektur zu dieser Zeit schon überlebt hatte. Die Möglichkeiten früher Bildbearbeitungs-, Grafik- und Satzprogramme wurden bis an die Grenzen getrieben. Gesetze von Gestaltung und Typografie galten nicht mehr, bis hin zur Unlesbarkeit.

Von der Zeitschrift „Lowdown“ habe ich etliche Exemplare trotz prekärer finanzieller Situation gekauft und immer noch im Regal stehen, obwohl mich die Kernthemen Hip Hop und Skaten gar nicht interessieren. Allein die Frechheit des Layouts hat mich fasziniert.

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Return to Sender

Als am 24. Februar Russland brutal die Ukraine überfiel, gab es eine sehr breite Solidarität in der deutschen Bevölkerung. Nicht ganz flächendeckend. Neonazi Martin Kohlmann, Chef der „Freien Sachsen“ begrüßte die Aggression in der Hoffnung, Putin möge später bei der ihm angestrebten Abspaltung Sachsens von der Bundesrepublik und Europa helfen. Und genauso durchgeknallte Linksextreme (ich will jetzt nichts von Hufeisen hören) wie Wagenknecht oder Dagdelen spielten bereitwillig die Rolle der Putintrolle.

Ich muss zwei eigene Irrtümer eingestehen. Bis zum 23. Februar glaubte auch ich, dass Putin zwar den Donbass annektieren wird, aber habe es nicht für möglich gehalten, dass er ohne auch nur einen Anlass zu konstruieren, das ganze Land von drei Seiten überfällt. Der zweite Irrtum (da bin ich aber mit vielen „Experten“ im gleichen Boot) war, dass er es nach dieser Brutalität schaffen könnte, die Ukraine schnell zu überrollen und einen Marionettenstaat zu konstruieren.

Das ist nicht passiert. Seine Strategie ist gescheitert. Daran mögen interne Fehler und Irrtümer mit schuld sein. Vor allem aber liegt es aber am energischen Widerstand nicht nur der ukrainischen Armee, sondern einer großen Mehrheit der Bevölkerung, sogar der russischstämmigen.

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Kein Russensoul mehr

Seit mindestens 15 Jahren habe ich eine CD namens Russensoul. Die mochte ich mal. Habe vor kurzem reingehört, und kann jetzt das fröhliche Geträller nicht ertragen. Mit einer Ausnahme. Der erste Song auf der CD „Ja Soldat“ (Ich bin Soldat). Der ist allerdings von einer ukrainischen Band namens 5Nizza (also Freitag) und in seinem Sarkasmus so weitsichtig. „Ich bin ein Held, sagt mir aus welchem Roman …“

Bischen seltsam ist es schon, dass ich ausgerechnet jetzt, während des brutalen Angriffs- und Vernichtungskrieges gegen die Ukraine plötzlich interessante russische Brands jenseits des Russensoul entdecke. Es fing an mit Shortparis aus St. Petersburg. Deren Song „Apfelgarten“, den sie gemeinsam mit einem Veteranenchor singen, hat es sogar schon in die Kulturzeit von 3Sat geschafft. Starke Musik, großartiges Video. Ich habe auch andere Songs der Band gehört. Auch gut, aber dieser ist so aktuell.

Weiter ging es mit EY3SPEAK, auf die durch einen Artikel in Die Zeit aufmerksam wurde. Eigentlich Gruftimusik, sehr düster. Aber auch politisch. „Dead but Pretty“ ist der aktuelle Song. Das Duo soll in der Provinz untergetaucht sein.

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Für den Frieden demonstrieren? Gern, aber …

Seit Wochen ist der angebliche Ukraine-Konflikt (worin besteht der eigentlich?) Hauptthema der Außenpolitik und zweitwichtigstes Thema der Medien nach Corona, knapp vor Olympia, Fußball und Diätratgebern.

Wir sind wieder nach Berlin gefahren. Um den dritten Geburtstag der Enkelin zu feiern. Nachdem sie ins Bett gebracht wurde, kam es eben zur Diskussion mit differenzierten Haltungen. Meine Frau ist Russin, bezeichnet Putin klar als Diktator, hat aber zur Ukraine eine etwas andere Haltung als ich. Die Tochter hat dort direkte Verwandschaft, macht sich große Sorgen. Nicht nur um diese Leute, auch um ihre kleine Tochter. Sie denkt darüber nach – angesichts Bidens Getöse von einem neuen Weltkrieg – wohin man denn schnellstmöglich ein Flugticket buchen könnte.

Gestern kam es zur familieninternen Diskussion, warum es denn keine Großdemonstrationen gegen den drohenden Krieg gibt. Wir sind doch vor fast genau 19 Jahren extra nach Berlin gefahren, um mit mindestens einer halben Millionen Menschen gegen den Einmarsch in den Irak zu demonstrieren. Der konnte zwar nicht verhindert werden, aber zuminderst die nicht direkte Beteiligung Deutschlands könnte man als Erfolg werten. Warum gehen wir heute nicht auf die Straße?

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Im unangenehmen Windhauch der Gebetsmühle

Es ist einige Jahre her, als ich von der LVZ gebeten wurde, eine Ausstellung zweier jüdischer Künstler im Archiv Massiv der Spinnerei Leipzig zu rezensieren, die im Rahmen der Tage jüdischer Kultur stattfand. Ich bin hingefahren und fand die Bilder sehr banal, eigentlich keiner Besprechung wert. Den Artikel habe ich trotzdem geschrieben, dabei vorsichtig versucht, mein Unbehagen auszudrücken. Am nächsten Tag klingelte das Telefon. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde ruft an. Was tun? Auflegen und mich tot stellen? Hab ich nicht getan. Er sagte sinngemäß (habe keine Aufzeichnung): „Ich finde es gut, dass Sie die Ausstellung kritisieren. Man muss nicht alles toll finden, nur weil es als jüdisch bezeichnet wird.“ Noch mal gut gegangen. Aber der Fakt, dass ich darüber nachdenken muss, ob ich Künstler kritisieren darf, die als Juden bezeichnet werden, zeigt doch, dass in der ganzen Debatte um den Antisemitismus einiges schief läuft.

In einem Artikel für Die Zeit vom 27. Januar bezeichnet Eva Menasse die Antisemitismus-Jagd als Religion. Das empfinde ich auch so. Ein Glaubenskrieg, unempfänglich für Argumente. Das hat etwas von Exorzismus an sich. Das reiht sich ein in die Politik der Links-Identitären, ist darin aber ein Sonderfall.

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Clauss Dietel ist gestorben

Ende September war ich bei Clauss Dietel (an den reaktivierten anderen Vornamen habe ich mich nie so richtig gewöhnen können). Es war freundliches Wetter. Zuerst saßen wir im Garten, Maria, seine so freundliche Frau, kam dazu. Dann zogen wir ins Atelier um. Tee und Kekse gehörten zum üblichen Angebot für Gäste. Schon seit Mai, als ich den Job bei der Freien Presse in Chemnitz angetreten hatte, wollte ich ihn besuchen. Das endliche Treffen war schließlich auch aus einem beruflichen Anlass erwachsen. Ich bat ihn um ein persönliches Statement zu 50 Jahre Marx-Monument, was er auf seine eigenwillige Art dann auch machte. Er erzählte mir, dass er wegen seines chronischen Asthmas gerade drei Wochen auf einer Nordseeinsel war und sich da gelangweilt habe. Einen kranken Eindruck machte er aber nicht.

Anfang Dezember rief er mich an. Nichts Dringendes. Er wollte mit mir über einige meiner Artikel sprechen. Ich stand aber gerade im Bahnhof, der Zug nach Leipzig fuhr ein. Er versprach, in den nächsten Tagen noch mal anzurufen. Er hat es nicht gemacht. Ich habe nicht zurück gerufen. Schade. Jetzt ist es zu spät.

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Ein Türsteher namens Ludwig

Mit der Umbettung von Max Klingers berühmter Beethoven-Skulptur setzt der neue MdbK-Direktor Weppelmann einen ersten Akzent.

Nein, er steht nicht. Den grimmigen Gesichtsausdruck und die geballten Fäuste hat er aber mit den muskulösen Herren vor dem Berghain oder anderen Clubs gemein. Max Klingers Beethoven von 1902 gehört zu den bekanntesten Exponaten des Museums für bildende Künste Leipzig. Seit Kurzem hat die Skulptur einen neuen Standort in der Eingangshalle, wo die Besucher nach Bewältigung der übergroßen Türen dem Kassenraum zustreben. Jahrelang stand hier der Maskenmann Wolfgang Mattheuers, zeitweilig auch ein Flüchtlingsauto Manaf Halbounis.

(Fast-)Stillleben mit Desinfektionsspender.

Nun also Beethoven, eine Preziose des Museums. Als 2004 der vom Berliner Büro Hufnagel Pütz Rafaelian entworfene, nicht ganz einfach zu bespielende Neubau des Museums bezogen wurde, war für Klinger ein besonderer Raum eingerichtet worden mit erhöhter Deckenlast, weil der Beethoven mit seinen reichlich sechs Tonnen ein schwerer Brocken ist. Im vorigen Jahr konnte man ihn dort noch in der großen Hommage an das Leipziger Multitalent Klinger sehen, bevor er nach Bonn zur Fortsetzung der Ausstellung ausgeliehen wurde. Die Demontage und Montage der acht Teile aus verschiedenen Materialien ist immer eine logistische Meisterleistung. Nach der Rückkehr aus Beethovens Geburtsstadt musste er zumindest nicht mehr Fahrstuhl fahren.

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Aus der Leserpost

Autor: Tom Riedel (IP-Adresse: 2a02:ec0:209:10::4, exit-1.fr.tor.aquaray.com)
E-Mail: tomcdriedel@yahoo.com
URL: 
Kommentar: 
Ein gesunder Mann pflegte früher in bezug auf alles Zeckengeschmeiß 
von Linken und Grünen zu sagen:“Die hübschen Weiber in den Puff, 
die häßlichen ans Fließband. Und die Kerle in den Steinbruch”. 
Dann hätte ihre halbtierische Existenz wenigstens einen Sinn.


Diese paradiesischen Zustände könnten erreicht werden, wenn man es
 schaffen würde, den Länderfinanzausgleich und den “Soli” ersatzlos 
zu kippen. Gleichzeitig müssten alle unrechtmäßig verbrannten Bezüge 
aus dem “Soli” (in Berlin sind das satte 100%) zurückgeführt werden,
 d.h., Berlin erhält ein Jahrzehnt NICHTS aus dem Bundeshaushalt.


Dann brächen in Bremen und Berlin die Systeme zusammen, die bisher in 
einzigartiger, jeden kriminellen “Clan” übertreffender Art und Weise 
auf Kosten arbeitender Menschen gelebt haben. Zwei Wochen absoluter
 “Blackout” in Berlin würde die Situation insgesamt noch verbessern.
Mal sehen, wer nach dieser Roßkur noch SED oder grün wählen würde.


Die Islamisierung mit der einhergehenden Vergottung der Nichtgermanen
 ist viel älter, als man glauben mag. Vor etwa 10 Jahren gab es einen
 Zeitungsbericht über eine Stadt im Landkreis Hannover zu den 1-Euro-Jobs.
 Da hieß es, man würde nur noch Deutsche verpflichten, weil sich Muslim
 stets weigern würden, Anweisungen zu befolgen, bei Anordnungen von
 Frauen sowieso. Wieso man da nicht die Leistungen sperrt, wurde nicht
 diskutiert. Sogar hier, bei H4-Empfängern, arbeiten die Deutschen, die
 Muslime nicht.


Solange solche Wesen
https://www.hiig.de/jeanette-hofmann/
nicht auf Flaschensammeln umgeschult werden, solange kriegt Deutschland
 den Arsch nicht hoch.
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Von der Bühne in die hinteren Ränge

Ziemlich überrascht war ich, als vor etwa zwei Wochen eine Anfrage kam, ob ich eine Diskussion nach der Lesung von Max Czollek aus „Desintegriert euch“ in den Kunstsammlungen Chemnitz moderieren könne. Ich fragte erst einmal zurück, ob denn Czollek damit einverstanden sei. Nein, war er nicht. Keine Überraschung für mich.

Trotzdem war es ein Anlass, das Buch überhaupt erst mal zu kaufen und zu lesen. Im vorigen Jahr hatte ich mir vor dem Urlaub als Lesestoff „Gegenwartsbewältigung“ zugelegt und dann besprochen – kritisch, aber freundlich. Und in diesem Sommer habe ich ziemlich viele Artikel gelesen zur Auseinandersetzung Maxim Biller-Max Czollek, wer denn eigentlich ein Jude sei.

Zu Beginn dieser heftigen Kontroverse habe ich auf Twitter Max Czollek direkt gefragt, warum es ihm denn so wichtig sei, als Jude gelten zu wollen. Nach der Lektüre von „Desintegriert euch“ weiß ich, dass dies eine ausgesprochen naive Frage von mir war. Darum kam auch keine Antwort.

Jetzt weiß ich, dass Czolleks ganzes Weltbildbild darauf beruht, Jude zu sein und mit Infragestellung dieser Identität zusammenstürzt.

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