Die Inquisitionsmaschine von innen

Das passt. Wenige Wochen vor der Dreifachausstellung der Neuen Slowenischen Kunst Ende April in Leipzig erschien nicht nur Laibachs neues Album Spectre, sondern auch Alexei Monroes Monografie Laibach und NSK. Die Inquisitionsmaschine im Kreuzverhör. Die beste Lektüre zur Vorbereitung also. Für Leute, die sich mit diesem Phänomen noch nicht sonderlich auskennen sowieso, aber auch eingefleischte Laibach-Fans erhalten sicherlich noch eine kräftige Dosis an Zusatzinformationen. Die Zahl von 799 Fußnoten steht für gründliche Recherche. Und obwohl sich Monroe im Schlussteil des Buches als selbst Involvierter mancher NSK-Aktivitäten outet, geht er sehr vorsichtig mit Vermutungen und Gerüchten um, kennzeichnet sie als ebensolche.

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RB entlarvt!

In der Märzausgabe des Kreuzer ist ein besonders schönes Lehrstück für kritischen Journalismus zu finden. Obwohl mir Fußball völlig schnuppe ist, habe ich das Interview mit Philipp Köster, Chefredakteur des Fachblattes 11 Freunde durchgelesen. Kreuzer-Mitarbeiter Thomas Fritz stellt die richtigen Fragen, damit der Experte über RB Leipzig als Retortenklub herziehen kann, der nur dazu da sei, dass Red Bull noch mehr Dosen verkauft. Ist dies schon eine überraschende Erkenntnis, so ist noch erhellender, dass all die anderen Club von erster bis dritter Liga mit Kommerz überhaupt nichts im Sinn haben. Wie der Name 11 Freunde schon ausdrückt, geht es außer bei RB darum, dass sich nach der Schicht bei SAP, Volkswagen oder Bayer paar Kumpels treffen, um Spaß beim Kicken zu haben. Und nun kommt so ein österreichischer, also auch noch ausländischer, Drogenhersteller und macht diese Idylle kaputt. Wie empörend! Danke für diesen Aufklärungs-Artikel.

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Verbiestert

Reichlich spät fand die öffentliche Diskussion zur Ausstellung Die Schöne und das Biest des Bildermuseums statt – einen Monat nach deren Schluss. Da aber die Politik des Museums allgemein und darüber hinaus die Einbettung in den Kulturentwicklungsplan der Stadt auch zum Thema gehörten, war diese öffentliche Sitzung des Gleichstellungsbeirates der Kommune dennoch sinnvoll. Der Andrang in den Klingersaal des Museums sprach dafür.

Wer darin nur ein Frau und einen Panda sieht, leidet, so Michael Faber, unter einem Bildungsverlust.

Wer darin nur eine Frau und einen Panda sieht, leidet, so Michael Faber, unter einem Bildungsverlust.

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Niemands Land

Der Süden ist am schlimmsten. Zusammengewürfelte Baracken. „Promotion“ steht an einer. Vorsicht, die kann leicht aberkannt werden. Und „Mitarbeiter gesucht!!!!“ steht auch da. Wirklich vier Ausrufezeichen. Zwei staubige Hartplätze daneben, wo am Wochenende der Nachwuchs bolzt. An der nächsten Hütte steht „Werbung“ und „Dekoration“. Am Horizont die Meyerschen Häuser, unsanierter Teil. Sogar die Straßenbahn hält es auf dieser Straße nach Süden nicht aus, kriegt bald schon die Kurve. Wenn die Sonne scheint, stimmt irgendwas nicht. Das ist wie Verrat. Hier hat auch der Himmel grau zu sein.

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Keine Sonne, zum Glück.

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Pure Harmonie

Dass die Buchmesse 2014 mit einem erneuten Besucherrekord enden würde, gab die Führung des Messeunternehmens schon vorher bekannt. Der Anstieg um rund 7000 Besucher fiel dann noch deutlicher aus als prognostiziert. Überhaupt schienen diesmal Harmonie und Optimismus zu dominieren, während vor zwei Jahren die Sorge ums Urheberrecht und im Vorjahr die Angst vor den digitalen Büchern nicht zu übersehen waren. Beides scheint 2014 keine Rolle mehr zu spielen. Dabei hilft das von den Großkonzernen durchgedrückte Leistungsschutzgesetz am wenigsten den Autoren. Und der leichte Umsatzgewinn des stationären Buchhandels bei gleichzeitigem Rückgang der zahlen im Online-Handel kann auch noch nicht als Entwarnung gelten. Angenehm aber ist, dass sich manche Hysterie gelegt hat, die Inhalte der Literatur wieder eine größere Rolle in den Diskussionen spielen.Und dass der Ansturm auf die Messe und die Lesungen zeigte – das Buch ist auch in der gedruckten Form kein Auslaufmodell.

Auffälligste Neuerung war in diesem Jahr die Bereitstellung von Halle 1 für die Manga- und Comicanhänger, was ein kleines bisschen auch zur räumlichen Entzerrung in den anderen Hallen führte. Trotzdem halte ich diese Lösung noch nicht für optimal. Eigentlich gehört diese spezielle Veranstaltung in die warme Jahreszeit und in Innenstadtnähe, auch wenn dann die Buchmesse mal für ein Jahr keinen Besucherrekord melden könnte.

Die Jury des Preises der Buchmesse hat zum Glück nicht auf Maxim Biller gehört, der zugewanderte Schriftsteller für immer und ewig auf Migrations-Themen festnageln will, mit denen sie sich von den saturierten Nazi-Enkeln abheben sollen. So hat Saša Stanišić zu Recht den Preis für seinen Uckermark-Roman bekommen. Wie er bei der Lesung im vollen Saal des Hauses des Buches am Sonnabend zeigte, steckt da aber doch ein kleines bisschen Immigration drin.

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Nichts geschehn

Im Sommer vorigen Jahres las ich Hans Beltings Buch „Das unsichtbare Meisterwerk“, in dem er unter Berufung auf Baudelaire das Verschwinden der öffentlichen Wahrnehmbarkeit von Kunst als ein Paradigma der Moderne darstellt.

Dabei erinnerte ich mich daran, dass ja im Herbst zuvor die Shopping Mall „Höfe am Brühl“ eröffnet wurde, deren Betreiber immerhin Geld in die Auschreibung eines Wettbewerbes zur Bekunstung dieses Klumpens gesteckt hat. Gewonnen wurde die Ausschreibung vom Leipziger Kollektiv FAMED. Die Pressemitteilung von Höfe-Herr mfi war überschrieben: „Als wäre nichts gescheh’n!“
Höfe am Brühl bekommen ein Aufsehen erregendes Kunstwerk.“ Weiterlesen

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Suchbild mit Denkmal

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Wo verbirgt sich auf diesem Foto ein politisches Denkmal? Nein, der Steinhaufen im Hintergrund ist noch nicht zum Memorial für Lehmann-Grube oder Tiefensee umgewidmet worden. Weiterlesen

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Neue Schreibmaschine

„Konzeptuelles Schreiben“ nennt sich ein Schwerpunktthema der aktuellen Ausgabe der Leipziger Literaturzeitschrift Edit. Sicherlich kann man auch konzeptlos schreiben, doch die Mehrzahl der literarischen Texte beruht zweifellos auf vorhergehenden Überlegungen zum Was und Wie. Was ist also mit diesem Etikett gemeint? Der Autor, der eine konzeptuelle Schreibweise anwendet, trifft die gesamte Planung und die Entscheidungen vorab, die Ausführung ist nebensächlich. Die Idee wird zu einer Maschine, die den Text herstellt, erklärt Kenneth Goldsmith.

Verstanden. Ich probiere es mal aus:

Sechserpack Eier, Salami, 2 Flaschen Mineralwasser mit Kohlensäure, Quark, Obst (gucken was gut aussieht und nicht so viel kostet), Katzenfutter (aber nicht Whiskas)

Die Ausführung ist nicht so wichtig, interessant muss der Text nicht sein, aber das Konzept wird durchschaubar. Da kommt mir der Verdacht, dass es sich nur um eine neue Überschrift im Interesse der Vermarktung handelt. Texte, die von einer formalen Idee ausgehen, finden sich das ganze 20. Jahrhundert hindurch, eigentlich sogar schon im Manierismus und Barock. Aber vielleicht ist es günstiger, irgendwelche Fördergelder einzuwerben, wenn man so tut, als wäre es eine neue Erfindung.

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Zentralorgan

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Wer gestern nicht unbedingt am Fernseher miterleben wollte, wie Putin per Fallschirm in das Stadion von Sotschi einschwebt und mit nacktem Oberkörper einen Tschetschenen niederringt, konnte die Eröffnung einer neuen Leipziger Galerie miterleben. Der Name Zentral Galerie ist zunächst topografisch auf die Lage im Katharinum bezogen, einen zentralen Platz in der Szene müssen sich die acht Künstler, die eine Art Solidargemeinschaft bilden, und Galerist Enrico Meyer erst noch erarbeiten. Dann kann aus der jetzigen Zwischennutzung des freien Raumes ein Dauerzustand werden.

Für die nächsten drei Wochen gibt es zunächst zwei Objekte von Ritchie Riediger zu sehen sowie mehrere Zeichnungen eines sich JOD nennenden Künstlers zu sehen – für mich der interessantere Teil.

Warum aber für die Einladungskarte ein an das Revers-Bonbon einer untergegangenen Partei heftig erinnerndes Motiv gewählt wurde, habe ich noch nicht erschlossen.

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Zwei (für mich) neue

Zwei Zeitschriften über Kunst, die mir bisher noch nicht untergekommen waren, habe ich in letzter Zeit konsumiert. Die eine bezeichnet sich im Untertitel sogar als neu und heißt kunnst. Titus Schade hat sie mir bei meinem Atelierbesuch geschenkt, da ein Artikel über ihn drin ist. Das in Köln erscheinende Heft richtet sich hauptsächlich an Sammler. Also gibt es etliche Berichte von Messen und Auktionen, ein Spezialteil zum Versichern von Kunst, dazwischen wenige Vorstellungen von Künstlern und ein Bericht über den Rundgang an der Hamburger HfBK. Die redaktionellen Beiträge gehören nicht unbedingt zu den Höhepunkten deutschsprachiger Literatur dieses Genres. Auf ein Abo von kunnst werde ich sicherlich verzichten, da die Zeiten, in denen ich zum Sammler werden kann, vorläufig noch nicht absehbar sind. Weiterlesen

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