Dreierpack

Die Bezeichnung Trilogie klingt gewaltig. Für den Dreierpack kleiner Büchlein aus dem Passage-Verlag Leipzig wäre das Wort eine heftige Übertreibung. Das bescheidene Format hat dabei einen speziellen Zweck: Kurzgeschichten für Bahn und Bus nennt sich das Werk. Die Heftchen kann man deshalb gut in die Jackentasche stecken, und die Länge der Geschichten passt gerade für die Fahrt zwischen zwei, drei Stationen.

Der Unterhaltungswert ist allerdings sehr verschieden. Die drei Stories des ersten Heftes mit dem Titel Wasser hat Katharina Bendixen geschrieben. Sie sind kunstvoll gestrickt mit surrealen Untertönen, haben auch teilweise etwas Beklemmendes. Die Texte des zweiten Bandes namens Blickwechsel sind von Ralph Grüneberger. Hier geht es tatsächlich um (fiktive) Begebenheiten in der Straßenbahn. Ein besonderer Effekt ist, dass zwei Geschichten identisch beginnen und dann verschieden weiterführen. Insgesamt ist die Machart jedoch ganz Old School, solide aber nicht aufregend. Gänzlich unbedarft ist aber Das Leben der Dinge im dritten Heft, das Jutta Pillat verfasst hat. Es sind Miniaturen ohne richtige Handlung, aber auch ohne technische Rafinesse – schlichtweg überflüssiges Gelaber. Da schau ich in der Bahn doch lieber aus dem Fenster als so etwas zu lesen.

Wenn man die Lebensalter der drei Autoren nimmt – 1981, 1951 und 1943 geboren – und daraus ein Entwicklungsgesetz ableiten möchte, dann steht der Leipziger Literatur eine glänzende Zukunft bevor.

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Im Namen des Volkes

Mein nicht durchweg gefestigter Glaube an den Rechtsstaat hat etwas Auftrieb bekommen, seit ich in der vorigen Woche ein Urteil des Amtsgerichtes Leipzig zugeschickt bekam, in welchem die Rechtmößigkeit meiner Klage bestätigt wird. Ich bin nämlich der Meinung, dass man für bestellte und pünktlich abgelieferte Zeitschriftenartikel das volle Honorar bekommen sollte. Da Jonas Plöttner, Chef des gleichnamigen Verlages, das nicht so sah und für meine Beiträge zur Zeitschrift Kunststoff gar nicht oder nur prozentual bezahlen wollte, war der Gang vor Gericht leider nötig. Wie der Richter in einer Nebenbemerkung äußerte, bin ich nicht der einzige, der sich die Geschäftspraktiken dieses Verlages nicht einfach so gefallen lässt, auch wenn es nicht um riesige Beträge geht.

Nun steht sicherlich noch die Frage im Raum, warum ich das auch noch öffentlich machen muss, wenn ich doch schon Recht bekommen habe. Die Zeitschrift ist nach halbjähriger Pause wieder aufgelegt worden, und zweifellos gibt es neue Autoren, die an die Seriosität des Unternehmens glauben. Sie sollten wissen, dass eine vertragliche Absicherung vor jeder, auch noch so bescheidenen, Zuarbeit sehr sinnvoll ist.

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Alles Lüge

Aus einem nicht gerade erfreulichen Anlass war ich vor wenigen Tagen in einer Berliner Tierklinik, die auch Schauplatz einer Reality-Soap des deutschen Privatfernsehns ist. Als wir dort im Warteraum mit etlichen Hunden, Katzen und deren Haltern saßen, kamen zwei Polizisten und erklärten dem Mädchen am Aufnahmefenster, dass sie die Schwäne wieder holen wollen, die sie gestern gebracht haben. Aber auch das Kamerateam komme noch vorbei. Als es dann kam, wurden diese Vögelchen erst einmal in großen Pappkartons auf die Straße geschafft und dann vor laufender Kamera wieder hereingebracht. Der Vortag, der wohl noch nicht auf Video war, musste also noch einmal nachgestellt werden. So werden die Fernsehzuschauer, die glauben, da sei alles live durch fliegende Reporter erfasst worden, verarscht.

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Preiswert

Das freut mich richtig: Der Leipzig/Dresdner Verlag Voland & Quist bekommt den diesjährigen Kurt-Wolff-Förderpreis verliehen. Vielleicht hilft diese Anerkennung auch, der Art von Literatur, die bei V & Q im Mittelpunkt steht – also Spokenword – etwas mehr Anerkennung beim etablierten Literaturbetrieb zu verleihen, wo zumeist hochnäsig auf diese angeblichen Schmuddelkinder herabgeblickt wird.

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Wie die alten Rittersleut

Bei meinem fortgesetzten Kampf mit der Chimäre namens Hochkultur habe ich an unerwarteter Stelle eine Erklärungshilfe gefunden.  Warum sich gerade Funktionäre von SPD, Grünen oder Linken in Bezug auf kulturelle Präferenzen manchmal noch dünkelhafter verhalten als ausgewiesene Konservative, erläutert Arnold Hauser in seiner 1953 erschienenen Sozialgeschichte der Kunst und Literatur anhand des spätmitelalterlichen Rittertums. Diese Parvenus unter den Adligen, aus dem Berufskriegerstand hochgerackert, achteten nämlich besonders pedantisch auf höfische Etikette und Moral. Hauser: Es ist eine wohlbekannte, in der Geschichte der Gesellschaftsklassen sich oft wiederholende Erscheinung, daß die neuen Mitglieder einer privilegierten Schicht in ihren Anschauungen über Fragen der Standesmäßigkeit rigoroser sind als die alten Vertreter des Standes und daß ihnen die Ideen, die die betreffende Gruppe zusammenhalten und von anderen Gruppen unterscheiden, stärker zum Bewußtsein kommen als denjenigen, die in diesen Ideen aufgewachsen sind.

Allerdings ist ja seit Don Quichote bekannt, wie es den zu spät kommenden Rittern ergeht. Sie werden zur Witzfigur.

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Heiteres Städteraten

Die Rechtschreibkommission hat ja im zurückliegenden Jahrzehnt schon ganze Arbeit geleistet, das ehemals starre Regelwerk der deutschen Sprache zu entkrampfen. Nun legt die Bahn AG nach und will auch bei der Schreibung von Ortsnamen eine Liberalisierung bewirken. Vielleicht soll uns mit der variantenreichen Anzeigetafel im Chemnitzer Hauptbahnhof aber auch nur gesagt werden, dass es gleich ist, wohin man fährt – alle Züge haben Verspätung.

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Pole Position

Zwar weiß ich, dass heutige Diskos erst zu einer Stunde beginnen, als zu meiner aktiven Diskozeit schon die Stühle hochgestellt wurden. Doch eine Silvesterparty, die Punkt Mitternacht ihren Höhepunkt haben soll, könnte doch eigentlich gegen 21 Uhr beginnen. So stand es ja auch im Programm. Jedenfalls waren wir dank meiner Drängelei die ersten, die am letzten Abend des Jahres an der Clubeinlasstür standen. Die Garderobenmarke mit der mageren 1 durften wir deshalb auch mitnehmen. Und wir kamen in den Genuss, auf einem bequemen Sofa einen uralten ungarischen Trickfilm im zweimaligen Durchlauf genießen zu können, einmal davon mit englischen Untertiteln. Jedenfalls wurde es noch eine schöne, sich langsam steigernde Nacht in der Südvorstadt.

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Guten Rutsch …

… kann ich allen nur wünschen, wenn ich so aus dem Fenster schaue, wo der Regen gerade in Schnee übergeht. Wir wollen jedenfalls heute abend mal bei Horns Erben vorbeirutschen, wo zwei Kapellen aufspielen sollen.

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Gescheitertes Ranking

Schlagzeilen diverser Magazine und Zeitungen, die einen Rückblick auf das Jahrzehnt offerieren, haben mich irritiert. Ich dachte, das Jahrzehnt sei erst in einem Jahr zu Ende. Bei den Milleniumsfeiern 1999/2000 wurde ja ausführlich über den Denkfehler mit der Null am Ende referiert und diskutiert. Nun sind sich aber alle Medien seltsam einig, dass erst mal Schluss sei. Wohl deshalb, weil die Bezeichnung Nuller-Jahre nicht gerade schön klingt.

Somit bin ich im freiwilligen Zugzwang. Ich hatte mir nämlich vorgenommen, die zehn Bücher aufzulisten, die mich in diesem Jahrzehnt am meisten beeindruckt haben. Beim Versuch, diese Auflistung nun unerwartet ein Jahr vorziehen zu müssen, kam ich heftig ins Schwimmen. Mir fallen leider keine zehn Werke ein, denen ich guten Gewissens mehrere Sternchen verpassen möchte. Liegt das an der Qualität der Literatur, an meinem zu geringen Lesepensum oder am nachlassenden Erinnerungsvermögen?

Sicher ist zumindest, dass Wie der Soldat das Grammofon repariert von Sasa Stanisic auf den ersten Platz käme. Danach würde ich Andrej Kurkows Picknick auf dem Eis platzieren. Aber dann wird es schon schwierig. Als wir träumten von Clemes Meyer ist in der Auswahl. Paul Fattarusos Isabellas Liebe zum Flügelhorn hat mich in der Machart sehr beeindruckt, Rocko Schamonis Risiko des Ruhms mehr in der Unverschämtheit des Zusammenbastelns.

Natürlich haben mir noch etliche weitere Bücher gut gefallen, etwa Die Titanic und Herr Berg von Kirsten Fuchs, aber nicht so, dass ich sie als herausragend titulieren würde. Vielleicht schaffe ich 2010 noch genügend Lesestoff, um zum echten Jahrzehntwechsel eine komplette Top Ten aufstellen zu können.

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Liebe Stamm- und Zufallsbesucher,

wie ihr seht, wird in Zeiten der Krise der Baumschmuck immer innovativer. Kleiner Tipp: Statt Lametta kann man auch bronzierte Spaghetti verwenden.

Doch 2010 geht ja alles wieder nach oben. Seid also frohen Mutes – feiern kann man auch barfuß!

In diesem Sinne wünschen wir alles Gute!

Olga und Jens

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