Mitfahrgelegenheit

Wieder mal ein Buch zugeklappt nach Lektüre der letzten Seite. Diesmal war es „Taxi“ vom Karen Duve. Fast habe ich ein schlechtes Gewissen, nach der Beschäftigung mit Juli Zeh so etwas zu verkünden. Aber irgendwie ist es ganz erholsam, statt der hochgezüchteten Gelehrtheit solch einen relativ simplen, autobiografischen Bericht zu lesen. Keine große Literatur, aber auch nicht langweilig oder gar primitiv. Großstadtgeschichten zum zügigen Verdauen. Karen Duve war in den Achtzigern tatsächlich sechs Jahre Taxifahrerin in Hamburg. Ein Nebeneffekt ist, dass man bei der nächsten Taxibenutzung den Fahrer mit ganz anderen Augen ansehen wird.

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Street Fighting Town

Die Straßennamen lassen mich nicht los. Kaum habe ich meine Bestenliste für Leipzig aufgestellt und plane auch Exkursionen zu diesen bemerkenswerten Pfaden, da lese ich in der Zeitung, dass im südenglischen Dartford, der Heimat von Mick Jagger und Keith Richards, die Straßen eines Neubaugebiets nach Stones-Songs benannt werden sollen. „Wie die Zeitung Sun berichtet, soll es beispielsweise eine Satisfaction Street und einen Ruby Tuesday Drive geben. Denkbar wäre auch eine Sympathy Street nach „Sympathy For The Devil“.“ (LVZ vom 13. 12. 08) Es ist schon mutig von der Stadtverwaltung, eine Befriedigungsstraße zu schaffen. Und die Sympathy-Street wird sicherlich zur Kirche führen. Interessant wäre auch eine Sister Morphy Street. Das Obdachlosenasyl ist in der Gimme Shelter Avenue gut aufgehoben. Kommt man aber plötzlich in die Penny Lane, dann ist klar, dass man sich in der Stadt geirrt hat.

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Where the streets have names

Straßennamen haben ja in der Literaturgeschichte eine enorme Bedeutung. Man denke nur an den Bitterfleder Weg oder die Chaussee der Enthusiasten. darum habe ich mal den Leipziger Stadtplan studiert. Eigentlich wollte ich eine Top 10-Liste aufstellen. Doch das Korsett des Dezimalsystems passte dann vorn und hinten nicht. Hier also meine Liste der bemerkenswertesten Straßennamen der Großkommune Leipzig ohne Zählung, dafür alphabetisch geordnet. Weiterlesen

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Geflügelkunde

Parallel zu drei anderen Büchern hab ich gerade „Adler und Engel“ von Juli Zeh gelesen. Das ist nicht ganz frisch, schon 2001 erschienen. Wäre es das erste Buch der Vorzeigeabsolventin des DLL, würde ich es vermutlich ganz toll finden. Doch die Reihenfolge ist mir durcheinander geraten. Zuerst „Alles auf dem Rasen“, dasnn „Spieltrieb“ und nun eben „Adler und Engel“. Und wenn man „Spieltrieb“ schon kennt, dann findet man im Debüt alles schon in Keimen vorhanden, was bei diesem späteren Werk (und den Rezensionen nach auch bei „Schilf“, dem jüngsten Epos) so stört: Die übertrieben verschraubte Konstruktion der Handlung und die bewusst geschliffene Sprache. Interessant mag ja die These sein, die Verträge zur EU-Osterweiterung seien von juristisch beschlagenen Mafia-Bossen zur Verbesserung des Drogen- und Waffennachschubs ausgearbeitet worden. Aber eben wohl doch nicht ganz realistisch. Und die bereits hier auftauchenden Metaphern für den Mond hat eben Arno Schmidt schon eine halbes Jahrhundert zuvor viel sprachgewaltiger hinbekommen.

Eines hab ich aber nicht begriffen: den Buchtitel. Auch nach dem zweiten Durchlesen der entsprechenden Passage im Buch, die das erläutern soll, hat es immer noch nicht Klick gemacht. Dafür muss man wohl entweder Jura oder Literatur studiert haben. Oder beides.

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Neue Station einer Sucht

Seit vielen Jahren stand für mich fest: Wenn ich endlich mal wieder einen Plattenspieler habe, wird die erste Vinylscheibe, die ich wieder auflege, Sandow mit „Stationen einer Sucht“ sein. Seit voriger Woche steht nun das kleine, bei Pearl erstandene Käschen auf dem Schreibtisch. Der Sound der eingebauten Lautsprecher ist zwar nur für eingefleischte Low-Fi-Enthusiasten brauchbar, aber vor allem will ich ja die Platten in MP3-Dateien umwandeln, was mit dem Gerätchen ganz locker geht.

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Lumbago

Aus aktuellem Anlass ein beruhigendes Zitat aus gesundheit.de: „Die gute Nachricht zuerst: Ein Hexenschuss ist zwar äußerst unangenehm, aber nicht gefährlich. Meistens bessert sich der Zustand innerhalb kurzer Zeit.“

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Nüchterne Politik

Die Australier fordern einen Alkoholtest für ihre Parlamentarier vor Abstimmungen. Das scheint auch in Deutschland angebracht, wenn man sich die Meldungen vom CDU-Parteitag ansieht, wo gefordert wurde, man solle die deutsche Sprache im Grundgesetz festschreiben. Vor allem wenn man die Bayern mit ihrer kaum verständlichen Sprache hört und dann daran denkt, dass Huber (oder ein anderer Seppelhosenträger?) im letzten Wahlkampf forderte, dass man auch mit zwei Maß Bier intus noch Auto fahren dürfe. Mit wieviel Promille darf man dann noch an Abstimmungen über die Leitkultur teilhaben?

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Kurskkorrektur

In der gestrigen LVZ stand eine Meldung, dass in Moskauer Geschäften Aufregung ausgebrochen ist, weil dort als Aquariumzubehör ein Modell des vor fünf Jahren verunglückten Atom-U-Bootes „Kursk“ angeboten wurde. Dabei ist die Idee doch im Rahmen der ungehemmten Marktwirtschaft, die lange schon auch Russland erreicht hat, ausbaufähig. Wie wäre es mit einer ultraschnellen Mikrowelle vom Typ Tschernobyl?

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content´n´groove

In der Kunsthalle der Sparkasse Leipzig fand gestern die „text´n´beat night“ statt – Literatur und DJing in Symbiose. 14 Autoren aus dem Dunstkreis des Literaturinstituts und ein Plattenaufleger. Die Zeitangaben 19.19 Uhr bis 1.11 Uhr zeugen von Humor, doch echte Partystimmung kam in den geradlinigen Stuhlreihen vor dem leicht erhöhten Lesetisch nicht gerade auf. Stattdessen hatte Moderator Christoph Graebel immer etwas Mühe, die Zuhörer nach den musikalischen Einlagen wieder ins Gestühl zu zwingen. Doch fünf Stunden lang hintereinander anspruchsvole Literatur zu hören, ist eben tatsächlich anstrengend. Nach drei Stunden und acht Lesenden (von denen mir Ulf Stolterfoth und Christian Schulteisz am besten gefielen) verließ ich deshalb wieder den Ort. Ein intererssanter Versuch ist es schon, Literatur und Musik in Verbindung zu bringen. Doch so richtig gelungen war das noch nicht. Zu steif die Atmosphäre, zu lang (für diesen Zweck) die Redebeiträge. Vielleicht würde sich auch besser Literatur eignen, die selbst stark rhythmisch ist, beispielsweise Rap Poetry.

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Landwirtschaftliche Etüde

Dem Huhn, dem die erfrorenen Füße amputiert werden mussten, hatte der Veterinär (der Einfachheit halber – wir müssen doch überall sparen!) statt teurer Prothesen Gummi-Saugnäpfe aus dem Badzubehörladen angesetzt. Bei Trockenheit war die Henne gar nicht mal unzufrieden. Als der Bitumen des heimischen Biobauernhofes aber regenass wurde, glotzte es blöd. Doch Hühner können – im Grunde genommen – sowieso nicht schlau gucken. Nicht so tragisch also.
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