Zug- und Druckfehler

Kurz nachdem ich in den etwa fünf Minuten verspäteten Zug Chemnitz-Leipzig eingestiegen bin, schlage ich „Schmidt liest Proust“ auf, um weiter zu lesen. Da ertönt eine weibliche Stimme aus den Lautsprechern im Waggon, die nicht nur darauf hinweist, dass der Zug auch einige Minuten später abfahren werde, sondern erläuternd hinzufügt: „Es handelt sich um eine sogenannte Wendeverspätung.“ Über solch ein Wort hätte sich Erich Honecker sicherlich diebisch gefreut.

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Mitgezählt

Bei Sax Royal strengt Micha Bittner einen Literarischen Städtevergleich Leipzig-Dresden an. Es freut mich natürlich sehr, dass Leipzig haushoch vorn liegt. Sollte dieser Vorsprung mal in Gefahr geraten, werde ich selbst dafür sorgen, dass sich die Lage stabilisiert.

Doch als journalistisch tätiger Mensch ist man ja auch zur Objektivität verpflichtet. Darum dachte ich mir: Moment mal – wieso werden da nur Leipzig und Dresden verglichen? Es gibt doch auch andere Großstädte in Sachsen. Also habe ich Michas Methode kopiert, und die Chemnitzer Stadtmagazine „Stadtstreicher“ und „371“ ausgewertet.

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Ein Proust auf Jochen

Gestern habe ich angefangen „Schmidt liest Proust“ zu lesen. Es wäre nun interessant, daraus ein neues Buch nach dem Schema „Kassner liest Schmidt liest Proust“ etc, ein Schneeballeffekt also. Vor allem drängt sich aber die Frage auf, weshalb sich jemand das antut, freiwillig 3900 Seiten reinzuziehen, die nicht durchweg mitreißend geschrieben sind. Dazu gehört ziemlich viel Masochismus. Jochen Schmidts Buch ist „nur“ 608 Seiten lang, ein Zehntel davon habe ich gestern schon geschafft. Und wenn ich durch bin, kann ich endlich über Proust mitschwafeln, ohne da wirklich reingeguckt zu haben. Wieso gibt es eigentlich einige Schriftsteller, die gemeinhin als Größen der Weltliteratur gelten, obwohl sie nichts weiter als öde sind?

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Feier, Abend – eine Zeitschleife

Eier? Nein, anke. Wir haben die Nacht doch nicht zum Feiertag gemacht, um die Omeletten vor dem Abend zu loben. Immer die gleiche Leier. Zeit kommt, Zeit geht. Mitteleuropäisch schenkt sich die Winterzeit, letztlich uns, eine Stunde. Feierstunde. Morgenstunde ohne Goldmund narzistisch zwischen zwei und drei. Wieder dann zwei, nochmals die Chance auf drei. Zeit, kranke Zeit. Eine Stunde! Wozu rumeiern? Feiern, wenn schon ein Geschenk da ist. Hoch die Stimmung! Tassen stehn hinter der Zeitleiste. Schenk ein. Oder zwei. Wird sowieso wieder drei. Kurz vor drei noch nüchtern, wenig nach zwei dann beleiert. Polizeistunde abgerüstet. Entrüstete Politessen machen Schluss. Negative Überschreitung. Parktickets von bald. Gültig in dreißig Minuten. Darauf einen heben. Eben. Zeit zu gehn. Zeit zu feiern und eifern und eiern. Dann reihern. Geifer an den Lefzen. Anke, nein keine Eier. Nicht jetzt, vielleicht später. Nach drei. Ist noch Zeit.
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Die Fernbedienung des Mittelalters

Seit gestern hat diese Website auch eine Statistikfunktion, die mir unter anderem anzeigt, von welchen Suchbegriffen aus Leute sich hierher gefunden haben. Da verwirrt mich manches. So werden beispielsweise „simultandarstellung im mittelalter“ und auch „primakom universalfernbedienung“ aufgelistet. Was habe ich falsch gemacht? Und kann ich von Primakom Provisionen erwarten?

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Lindenau bei Nacht

Gerade bin ich zurückgekehrt vom „Poet 5“, der aktuellen Sause des Poetenladens, die im Kunstraum D 21 nahe des Lindenauer Marktes stattfand. Ambiente und  Literatur passten gut zueinander – etwas unterkühlt und dennoch angerauht. André Rudoph las Lyrik, Olaf Schmidt erzählte sehr viel über seinen neuen Roman, um letztlich noch einige Passagen daraus vorzutragen. Ron Winkler schließlich brachte Gedichte des amerikanischen Spokenword-Aktionisten David Lerner nahe, welcher sich 1997 totgefixt hat. Das wirkte etwas eigenartig. Wer ein kleines bisschen die Spokenword-Szene kennt, kann sich bei den heftigen Texten ausmalen, wie vermutlich ein Original-Vortrag Lerners geklungen haben mag. Die ziemlich literaturinstitutionelle Lesung Winklers will da nicht so richtig dazu passen. Auch die dann folgenden eigenen Gedichte Ron Winklers haben eigentlich das beste Potenzial für eine mitreißende Performance. Die kam aber nicht, auch wenn die Straßenbahnen an der Demmeringstraße fast durch den Raum zu fahren schienen – ein perfektes Ambiente eigentlich. Schade.

Die akademischen Autoren pflegen eine Abneigung gegen Poetry Slam. Auch wenn es stimmt, dass da nicht durchweg hochwertige Literatur geboten wird, hat diese Veranstaltungsform den Vorteil, dass die Vortragenden gezwungen werden, ihre Texte auch wirklich dem Publikum nahe bringen zu müssen. Diese Schule täte vielen Hochliteraten ganz gut.

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Jetzt tönt es auch

Die Website hat einen neuen Abschnitt bekommen: „Audio“. Bisher sind zwar erst vier MP3-Dateien drin. Doch es soll bald mehr werden. Und die Qualität wird sich hoffentlich auch noch verbessern.

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Soktember

1.
herunter
gekommener regen
pfützt straßflächern
2.
nurfliegen ist schöner
tod beschieden:
fensterbretter besterben
vor ruhestand
3.
herbstzeit
lose sind nieten
zu meist
fazit:
fort.
pflanzungsfähig.
der sommer. die felder.
und so.
weiter!
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Neues zur Bankenkrise

Gerade habe ich eine sehr vertrauenswürdige Email bekommen: „Sehr geehrte Kunde DAB Bank! Wir verbreiten Kennwort nie. Tauschen Sie Ihren Kennwort jede ein Paar Monate. Seien Sie sicher, dass Ihr Computer von den Programmen des Anti-Virus, der Sicherheit und des Schutzes von anti-spyware erneuert wird. Laden Sie unsere letzte Software, um zu helfen, Ihren Eingang ins Internet zu schutzen.“ Mach ich doch sofort!

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Unglaublich

Mit Religion hab ich nicht viel am Hut, Esoterik und Mystik verursachen bei mir Allergien. Doch gestern abend bin ich lebender Zeuge eines Wunders geworden. Und das nicht in einem kurzen Augenblick der Umnachtung, sondern volle drei Stunden lang. Es war nämlich Poetry Slam in Chemnitz, und der Saal war voll! Quatsch, er war übervoll, auch auf dem Fußboden kaum ein freier Quadratzentimeter. Zwar war die Veranstaltung in die „Begegnungen“ eingebunden, das allherbstliche Chemnitzer Kulturpaket, und auch die Freie Presse hatte sich mal zu einer längeren Vorankündigung herabgelassen. Doch auch diese beiden Faktoren sind in Chemnitz eigentlich noch keine Garantie, dass sich mehr als fünfzig Leute hinverirren.

Als bisheriger Moderator habe ich zuerst mal den neuen Trägern Iris Keller und Christian Kolb symbolisch die Goldene Sprechblase in Form eines heliumgefüllten Luftballons überreicht, nach einem kräftigen Lungenzug daraus ging es los mit der Moderation. Befreit von dieser Aufgabe konnte ich selbst teilnehmen und kam auch ins Finale. Dort hat sich dann Philipp „Scharri“ Scharrenberg durchgesetzt. Ich betrachte mich als Zweiten, obwohl auch die zwei Jungs von Trikopan wirklich gut waren.

Falls beim nächsten Slam im Dezember wenigstens die Hälfte der Leute wiederkommt und noch paar Freunde, Verwandte oder Abhängige mitschleppt, besteht vielleicht doch Hoffnung, dass man Chemnitz nicht absolut als Literaturstadt abschreiben muss. Wunder geschehn, ich habs gesehn.

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