Ernsthafte Großschriftsteller würden bei so einem Szenario sofort ihre Karriere abbrechen und in ein vorpommersches Dorf umziehen, um nie wieder aufzutauchen: 350 junge Leute strömen in die Scheune, um frische Texte zu hören. Und weitere rund fünfzig mussten umdrehen wegen Überfüllung. Doch Spokenword-Artisten sind da eben härter im Nehmen. Im Entgegennehmen von Applaus etwa. Selbst Gelächter im Publikum stört sie nicht. Und so war es wieder mal ein schöner Livelyrix-Slam in der Scheune am vergangenen Freitag, also dem 30. Januar. Eine Poetin und neun männliche Schreiber traten an. Für mich war es eine Premiere, in Dresden in die Endrunde zu kommen. Und das ausgerechnet mit einem religiösen Erbauungstext. Außerdem durften Tilman Birr und Jan Koch, beides Berliner, ein zweites Mal auf die Bühne. Eindeutiger Sieger war Jan Koch. Dass er dies mit sehr poetischen und ziemlich ernsthaften Gedichten schaffte, könnte nun ein Argument gegen die ewigen Kritiker diese Veranstaltungsformates sein. Aber die kommen ja sowie so nie hin und wollen auch nichts davon hören.
- Ein privates Blog von Jens Kassner zu Kunst, Literatur, Politik, Alltag und anderen Themen
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