Man kann ihnen zugute halten, dass sie sich offen dazu bekennen, Rechte zu sein, während Leute wie Elsässer oder manche Pegida-Anhänger ja immer noch davon faseln, weder links noch rechts zu stehen. Felix Menzel, Kopf des neurechten Journals Blaue Narzisse, hat fünf Mitstreiter zu einer vermutlich per Mailverkehr veranstalteten Strategiediskussion eingeladen.
Überraschend ist dann zunächst, dass die Debatte nicht damit beginnt, welches Ziel man hat, was erreicht werden soll, sondern: Wer ist der Feind? Unterschwellig wird aber schon im Vorwort angerissen, dass es um nichts anderes geht als die dauerhafte und vollständige Machtübernahme, wörtlich auch als Vernichtungssieg bezeichnet. Was dann zum unverzichtbaren Feindbild geäußert wird, ist weniger überraschend. Linke natürlich, und Ausländer.
Einführend versucht sich Menzel sogar an einer Definition dessen, was er unter „rechts“ versteht. Das ist bemerkenswert, da er und seine Kumpane sich ansonsten konsequent um Definitionen von Schlüsselbegriffen wie Volk, Nation oder auch Faschismus drücken. Er schreibt: Ganz grob gesagt, verstehe ich unter der „Rechten“ die patriotische Opposition in Deutschland und Europa, die für den Erhalt der eigenen Kultur und gegen Masseneinwanderung streitet. Nun hat diese Bestimmung aber auch paar Haken. So wird vermieden zu sagen, was genau denn unter „eigener Kultur“ zu verstehen ist. Und konsequent angewendet müsste die Festlegung bedeuten, dass in Ländern, die aus diesem oder jenem Grund keine nennenswerte Einwanderung haben, es keine Rechten geben kann. Die hätten dann nichts zu tun.
Ein Zitat der Tafelrunde wird auf dem Umschlag des Heftes abgedruckt und erscheint auch in der Online-Werbung für die Publikation, muss also für eine Art von Motto gehalten werden (als Resümee taugt es nicht): Rechts ist mehr als eine politische Kategorie, zu der es heute herabgewürdigt wird. Es ist das, was die Welt im Innersten zusammenhält, was ewige Gültigkeit hat. Rechts ist nicht einfach das Gegenteil von links, sondern das, was schon existierte, lange bevor ab 1789 die Linke als Krebsgeschwür der Weltgeschichte populär wurde. In der Werbung werden dann Auszüge aus der Deklaration der Menschenrechte bezüglich der Gleichheit entgegengesetzt, wohl als Negativbeispiel linker Verderbtheit. Abgesehen von der Pikaterie, dass sich Gereon Breuer, von dem die Aussage stammt, einer Formulierung des aufklärungsaffinen Goethe bedient, ist auffällig, dass keiner der Mitdiskutierenden den Gehalt des Gesagten prüfen möchte. Die Herausstellung des Zitates muss als Zustimmung gewertet werden. Linkes Denken und Handeln also kam 1789 zur Welt, rechtes war schon immer da und wirkte bis dahin ungehindert positiv. Unter links versteht er eine naturwidrige Fremdbestimmung. Über die Jahrtausende bis zur Französischen Revolution war es für die Rechte eine Selbstverständlichkeit, als Herr und Souverän ihrer selbst und der ihnen anvertrauten Menschen zu wirken. Dass Breuer wie auch fast alle der Mitautoren ein abgeschlossenes gesellschaftswissenschaftliches Studium hat, kann man als schlechtes Zeichen für das deutsche Bildungssystem werten. Wie kann ein halbwegs gebildeter Mensch nur solchen Unsinn schreiben, und die anderen widersprechen nicht? Vor 1789 haben sich die Herrschenden vorbildlich verhalten, dann kam aus einem nicht erklärlichen Grunde die linke Pest in die Welt und hat das zunichte gemacht? Wie meinen? Breuer ist derzeit Fernstudent an der päpstlichen Uni. Vielleicht sollte man ihm zumindest das Lesen der Bergpredigt nahe legen, den anderen Intellektuellen aber Ernst Blochs Das Prinzip Hoffnung, um wenigstens eine blasse Ahnung davon zu bekommen, dass es seit Beginn der Klassengesellschaften immer auch das „linke“ Bestreben (historisch ist die Etikettierung natürlich nicht haltbar, nur tendenziell) gab, eine gerechte und solidarische Gesellschaft zu schaffen. Krebs! Pest! Cholera! im Vergleich zu Sklaverei, Leibeigenschaft oder dreißig- bis hundertjährigen Kriege um Pfründe und Territorien.
Breuer ist schon im letzten BN-Heft, das ich gelesen habe, als besonders idiotisch aufgefallen. Was aber ist mit den anderen? Unterschiede werden durchaus sichtbar. So bei der Frage, ob der Staat autoritär oder libertär auftreten solle. Das ist eigentlich eine Scheinfrage. Jedes rechte Regime war und ist autoritär. Andere Abweichungen gibt es beim Verhältnis Elite-Masse. Hier sind tatsächlich historische Differenzen auszumachen. Setzten Hitler und Mussolini auf die Massenhysterie, regierten andere Autokraten ohne das verzückte Kreischen der gleichgeschalteten Volksgemeinschaft stingent durch.
Was aber ist nun mit der rechten Strategie, also dem Thema des Heftchens? Da sieht es wieder mal dünn aus. Außer der bekannten Berufung auf die kulturelle Hegemonie gemäß des Marxisten Gramsci kommt nicht viel. Dank der AfD mögen die Rechten in dieser Beziehung in den letzten zwei Jahren zwar Fortschritte in der medialen Präsenz gemacht haben, von einer Hegemonie sind sie aber noch weit entfernt. Über nichtdemokratische Formen der Machtergreifung diskutieren sie zweifellos in internen Treffen. Öffentlich aber bleibt aber zunächst nur die Variante, auf eine Unterstützung parlamentarischer Wege zu setzen, aktuell durch Nähe zur AfD. Da für eine sinnvolle Zusammenfassung der Strategien rechter Dominanz das Ergebnis der Diskussion all zu dürftig ist, hängt Menzel auch abschließend einen älteren Artikel an, in dem er der AfD Ratschläge gibt, wie sie denn realpolitsch vorzugehen habe.
Die sechs Diskutierenden kann man garantiert nicht als symptomatisch für die gesamte deutsche Rechte ansehen. Doch zumindest Menzel und Verástegui sind eng mit Götz Kubitschek und über ihn mit den Identitären, Pegida und dem radikalsten AfD-Flügel verbandelt, also nicht außen vor. Dass sie nicht in der Lage sind, eine halbwegs überzeugende Strategie vorzulegen, könnte Andersdenkende wie mich beruhigen. Doch Wahlerfolge wie der von Trump oder jüngst von Babis in Tschechien zeigen, dass es nicht unbedingt ausgeklügelter Vorgehensweisen bedarf. Wichtiger sind Personen, die gleichermaßen charismatisch wie skrupellos auftreten. So ein Führer ist im Moment in Deutschland nicht in Sicht. Das ist aber kein Grund zur Sorglosigkeit.
Der Wille zur Macht ist vorhanden,wird auch namentlich so benannt. Mit welcher Überheblichkeit er einhergeht, wird an einer angeblich versöhnlichen Passage aus Menzels angehängtem Artikel überdeutlich: Jeder Bürger, der in irgendwelche ideologischen Sackgassen gerannt ist, muß die Chance erhalten, diesem Land in Zukunft in positiver Weise dienen zu können. Woher nimmt er die sagenhafte Frechheit, für andere, nur nicht für sich selbst von „ideologischen Sackgassen“ zu sprechen und sein Tun als positiv für das Land zu halten, obwohl doch beispielsweise die Pegida-Hochburg Dresden jetzt schon messbare Nachteile erleidet?
Nachsatz: Eigentlich nicht zum Thema gehörend, ist es mir ein Bedürfnis, noch zwei Zitate zu bringen, die den Geisteszustand dieser rechtsradikalen Elite ein klein wenig illustrieren.
So schreibt Gereon Breuer: Wer sich heute so alles als Individualist bezeichnet, sitzt dann doch mit kurzer Hose, Tennissocken, Sandalen und dem unvermeidlichen All-inclusive-Bändchen in einem südlichen Strandcafé und wundert sich darüber, warum er vom Kellner unfreundlich behandelt wird. Es ist das traurige Privileg der Linken, darin einen Gewinn zu sehen. Im Unterschied dazu sehen Rechte einfach besser aus, weil sie Wert auf äußere Form als Ausdruck einer inneren Haltung legen. Das macht sie grundsätzlich auch erfolgreicher im Beruf und privat, weshalb sie nicht gezwungen sind, Politik zu machen, um nicht verhungern zu müssen. Kein Kommentar.
Und vom graduell vielleicht etwas intelligenteren Felix Menzel stammt nach einem Spengler-Zitat, in welchem dieser von der künftig tödlichen Konkurrenz der Farbigen spricht: Zwar werden die Farbigen uns in Kürze zahlenmäßig aufgrund höherer Geburtenraten haushoch überlegen sein, aber ihre wissenschaftlich-technische Rückständigkeit konnten sie bisher nicht wettmachen. Ach Menzel, schauen Sie doch mal, was als Herkunftsland auf dem Computer steht, mit dem Sie solchen Schnulli tippen!
„Doch zumindest Menzel und Verástegui sind eng mit Götz Kubitschek und über ihn mit den Identitären, Pegida und dem radikalsten AfD-Flügel verbandelt, also nicht außen vor.“ – Nein, Verástegui ist das nicht, er kennt kaum Götz Kubitschek, Kubitschek ihn nur am Rande, und genau so steht es auch mit den Identitären, Pegida und dem „radikalsten AfD-Flügel“. Verástegui steht eher mit Menzel in Verbindung und ist auch sonst eher als ein Outsider zu bezeichnen, allein schon wegen der räumlichen Distanz.
Mein Rat: Demnächst besser, also überhaupt recherchieren.