Etwas naiv ging ich vorigen Mittwoch in eine Buchhandlung der Leipziger Innenstadt, um mir das am Vortag erschienene Büchlein Empört euch! von Stéphane Hessel käuflich zu erwerben. Die freundliche Verkäuferin empfahl mir, doch am nächsten Tag nochmal zu kommen, da werde wahrscheinlich die zweite Auflage geliefert. Gestern habe ich es nun gekauft und die kaum 30 Seiten noch am Abend gelesen.
Bezeichnend ist, dass ein 93jähriger Franzose die Jugend auffordert, den Arsch hochzukriegen, während diese sich größtenteils gemütlich in der Konsumgesellschaft einrichtet. Doch so richtig mitreißend finde ich den Appell des Résistance-Veteranen nicht gerade. Das liegt nicht an der Kürze des Textes, Manifeste dürfen nicht langatmig sein. Falsch sind auch die beiden Hauptargumente, warum wir auf die Barrikaden gehen sollten, sicherlich nicht – die immer größere Schere zwischen Arm und Reich und die israelische Politik gegenüber den Palästinensern. Doch es gibt wohl noch eine ganze Menge mehr Gründe für Widerstand. Vor allem aber ist es die allzu dünne Perspektive, die Hessel da als Frucht des Empörens skizziert – eine sozialdemokratisch harmonisierte und wachstumsgebremste Welt, also Kapitalismus light. Na danke. Nun werde ich mir mal Der kommende Aufstand reinziehen. Kommt auch aus Frankreich, ist aber zunächst mal umfangreicher. Und kostenfrei, in gewissem Sinne also von vornherein antikapitalistisch.