Links und rechts der extremen Mitte

Nach den Exzessen vom 12. Dezember und den folgenden öffentlichen Meinungsäußerungen wird wieder einmal von ganz links die Ablehnung der „Extremismustheorie“ eingefordert, so in einem Artikel des Sprachlos-Blogs, bei dem kein Autor oder keine Autorin genannt wird. Zwar habe ich schon von Jesses Hufeisen-Bildnis gehört, glaube aber nicht, dass jeder, der den Begriff Extremismus benutzt, sich in solche theoretischen Konstrukte vertieft hat. Laut Autor(in) ist aber jede Kennzeichnung von Extremismus antidemokratisch.

Demnach sehe das Gesellschaftsmodell der Extremismustheoretiker so aus: „Schon im Laufgitter demokratischer Erziehung wird mit viel pädagogischer Emphase davor gewarnt, auch nur einen Schritt zu weit aus der Mitte zu driften.“ Auch wenn das (vielleicht) von manchen Patzelt- und Jesse-Anhängern tatsächlich so gesehen wird, ist doch die Einfachheit solch einer Betrachtungsweise all zu leicht durchschaubar. Warum muss sie dann ausgerechnet mit einem gleichermaßen simplen Modell gekontert werden? Extreme politisch Haltungen gäbe es nicht, jeder der von der Mitte abweiche, würde angeblich automatisch zum Extremisten abgestempelt. Dazu muss ich mich dann selbst zählen, ich verorte mich eindeutig links. Allerdings: Ich halte die Ausschreitungen vom 12. Dezember wie auch vorherige Zerstörungsorgien in Leipzig nicht allein für kontraproduktiv, sondern für extremistisch. Damit will ich nicht identifiziert werden. Man muss doch bloß mal in die Facebook-Seiten von OfD, Legida usw. gucken. Da gibt es einen Orgasmus nach dem nächsten, weil die Absicht der Organisatoren des Nazi-Aufmarsches noch viel besser aufgegangen ist, als sie sich erträumen konnten. Dass da nur ein kümmerliches Häuflein von etwa 150 Nazis da war, aber etwa zehnmal so viele friedliche Gegendemonstranten, spielt gar keine Rolle mehr. Es geht nur noch um die pseudolinken Gewaltexzesse. Das Ausmaß, in dem die sogenannten Autonomen die Rolle nützlicher Idioten der Nazis spielen, muss die Vermutung aufkommen lassen, dass die ganze Sache von V-Leuten gesteuert wurde.

Am 12. Dezember war ich nicht persönlich dabei. Doch schon vor vielen Jahren, als noch Worch versuchte, Leipzig zu einem Aufmarschgebiet zu machen, nahm ich wie auch manchmal im letzten Jahr bei einer Gegendemo und Blockade teil. Als von den Nazis noch gar nichts zu sehen war und nicht einmal feststand, ob sie über diese Route kommen, meinten einige Autonome, das „repressive System“ angreifen zu müssen, indem sie Mülltonnen von Genossenschaftshäusern – also einer kollektiven Eigentumsform – anzünden müssen. Ausgesprochen intelligent.

Auffällig ist, dass die Kritiker der Extremismustheorie genau dann aufheulen, wenn es um echte oder vermeintliche Linke geht. Wenn aber Legida oder OfD als rechtsextrem bezeichnet werden (so wie ich es tue), springt der Verteidigungsreflex nicht an. Müsste er aber gemäß der eigenen Logik. Denn Extremismus gibt es für sie ja gar nicht. Alle Rechten von Seehofer über Petry bis Bachmann und Worch sind gleich anzusehen, ebenso alle Linken von Özdemir über Kipping bis zu den namenlosen Helden des 12. Dezember. Diese Indifferenz ist gleichermaßen simpel, also doof, wie Jesses Hufeisen.

Vorläufig lasse ich es mir nicht von einer selbsternannten Polizei der Political Correctness verbieten, auch jenseits der politischen Mitte Differenzierungen vorzunehmen, darum manche Haltungen als extremistisch zu bezeichnen. Die Alternative dazu wäre, dass ich mich politisch überhaupt nicht mehr äußere und auch nicht an Gegendemos zu Legida und Co. teilnehme. Das wäre eine Kapitulation vor den Extremisten beider Seiten. Soweit bin ich noch nicht. Darum muss ich nochmal klarmachen, dass ich mit den gewaltverliebten Arschlöchern, die das Zertrümmern von Bushaltestellen für Widerstand gegen Kapitalismus und Repression halten, keinesfalls in einen Topf geworfen werden möchte.

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3 Antworten auf Links und rechts der extremen Mitte

  1. B. sagt:

    Den Kommentar zu Ihrer geistigen Sehschwäche schenk ich mir.

    Zur optischen Sehschwäche: http://sprachlos-blog.de/autoren/

    Kürzel „dr“. Noch mehr Hilfestellung nötig?

    Bitte hören Sie auf zu schreiben! Es bringt nichts!

  2. admin sagt:

    Werter Bernd Krüger, vielleicht hören Sie lieber auf zu kommentieren?

  3. Pingback: Ist ja extrem! | Jens Kassner

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