Bei den deutschen Rechtsauslegern herrscht gerade zumindest Katerstimmung, wenn nicht gar Panik, wo vor wenigen Monaten noch euphorische Siegeszuversicht dominierte. Was ist bloß passiert? Ok, in Österreich hat im dritten Anlauf den unwichtigen Posten des Präsidenten ein Grüner gegen einen “Freiheitlichen” gewonnen. Und Wilders hat in den Niederlanden weniger Stimmen geholt als erwartet, aber dennoch hinzugewonnen. Ja, auch die AFD zerfleischt sich gerade, aber doch mit guten Chancen auf einen Sieg des radikalen Flügels um Höcke.
Schlimmer wirkt sich auf das Wohlbefinden der deutschen Rechten das Verhalten ihres vor kurzem noch als Idol bejubelten US-Präsidenten aus. Noch vorige Woche krittelte in der Blauen Narzisse Robin Classen, Trump mache handwerkliche Fehler. Als wichtigeren Faktor für seine Erfolglosigkeit sah er aber noch den Widerstand aller möglicher Linker bis in die GOP hinein. Seit vorigen Donnerstag aber steht fest: Trump ist der Falsche!
Fuck Trump! Der Typ ist irre geworden rastet Jürgen Elsässer in seinem Compact-Magazin aus. Bei ihm verwundert das nicht all zu sehr, ist doch seine Abhängigkeit von Moskau nicht zu übersehen. Wenn Trump nun eine direkte Konfrontation mit Putin riskiert, muss das der Sündenfall an sich sein. Doch auch in der Sezession schreibt Benedikt Kaiser: Trump entgleist: Angriff auf Syrien. Sogar pi-news, wo im Kopf der Seite “proamerikanisch” und “proisraelisch” steht, verlinkt zumindest auf Elsässers Tirade.
Das größte Risiko für die Rechten besteht offensichtlich darin, dass die Eskapaden des bisherigen Hoffnungsträgers rechte Politikfähigkeit grenz- und ozeanüberschreitend fragwürdig geraten. Dabei macht doch Trump nichts anderes, als er versprochen hat: America first! Ohne Rücksicht auf fremde Befindlichkeiten. Das hat Nationalismus nun mal so an sich.
Ich bin mir nicht sicher, ob die sich so intellektuell gebenden Neuen Rechten es tatsächlich nicht begreifen, oder ob sie taktische Zweckbündnisse tarnen wollen. Jedenfalls können radikale Nationalisten verschiedener Länder niemals Freunde sein. Das liegt in der Natur der Sache. Nationalismus ist Egoismus pur. Da gibt es keine Freundschaft.
Vor kurzem stand im Spiegel, es gäbe immer mehr gemeinsame Aktionen von deutschen und polnischen Nazis. Lange kann diese Kumpanei nicht halten. Nur so lange, wie Nationalisten nicht an der Macht sind. Auch zwischen Mussolini und Hitler gab es keine Freundschaft, nur ein zeitlich begrenztes Zweckbündnis.
Im Donbass bekriegen sich seit drei Jahren russische und ukrainische “Patrioten” mit tausenden Todesopfern. Auch zwischen den nationalistischen Regierungen Russlands und Polens herrscht ein rauer Ton. Die Gefahr, dass die AFD in der BRD an die Macht kommt ist zum Glück außer Sichtweite. Unternimmt man aber das Gedankenexperiment, ein Außenminister Höcke würde laut über die Rückgewinnung der deutschen Ostgebiete referieren – das wird man doch mal sagen dürfen – wäre es schnell mit gemeinsamen Saufgelagen deutscher und polnischer Hools vorbei, sie würden sich gegenseitig die Hackfressen einschlagen.
Mal angenommen, der Alptraum einer Präsidentin LePen würde wahr, gäbe es lauten Jubel bei den deutschen Rechten. Nicht lange. Denn Frankreich zuerst muss zwangsläufig bedeuten, dass deutsche Interessen unwichtig oder gar störend sind.
Bezeichnend für den inneren Zwiespalt sind Beiträge der Neuen Rechten zu Südtirol. Einerseits bewundern sie die unverblümt faschistisch agierende italienische Organisation Casa Pound. Diese marschiert aber immer wieder mal in Bozen auf, um die deutschspachige Bevölkerung dort zu provozieren. Andererseits wollen die Neurechten die Südtiroler gern “heim ins Reich” holen, auch wenn das unter denen nur eine Minderheit wünscht. Ein Dilemma.
Vor wenigen Wochen demonstrierten europäische Rechte von LePen bis Petry Einigkeit. Eine primitive Show. Würden sie in ihren Ländern tatsächlich die Macht ergreifen, wäre es ganz schnell vorbei mit der Solidarität. Das ist eben die Essenz des Nationalismus. Nichts weiter.