War das nicht erst gestern? Occupy in New York, Arabischer Frühling, Massendemonstrationen gegen Putin, soziale Proteste von Brasilien bis Israel . Jetzt feiert Pegida zweiten Geburtstag, wird ein unberechenbarer Clown Präsident der USA, werden die Türkei, Russland, Ungarn und Polen zu autoritären Regimes umgebaut. Und in einigen Monaten könnte Frankreich erstmals eine Präsidenten bekommen, ohne dass Feministinnen sich darüber freuen werden.
Es ist kein wirklicher Trost, die Borniertheit der deutschen Rechten zu beobachten, die über den Sieg Trumps jubeln. Wieso soll ein amerikanischer Präsident, den nationalen Egoismus in den Vordergrund schiebt, gut sein für das so heiß geliebte Deutschland? Auch Marine LePen würde sich herzlich wenig um deutsche Interessen scheren, nicht mehr als Putin. Nationalisten sorgen sich eben nicht um das Wohl anderer Nationen als der eigenen. Oder auf ihre ganz spezifische Weise.
Wie weiter? Auf die große Weltpolitik scheint man vom eigenen Schreibtisch aus keinen Einfluss zu haben, höchstens auf die heimische. Zu Demos gegen Legida zu gehen habe ich mir abgewöhnt, der auf 200 Leute geschrumpfte Haufen ist so viel Aufmerksamkeit nicht wert. Wohl aber werde ich weiter intensiv mit den sogenannten Neuen Rechten beschäftigen, ihre abstrusen Konstruktionen und Lügen betrachten. Ob das irgend etwas bringt, scheint fraglich angesichts des „post-faktischen Zeitalters“, das den Wahlsieg eines Trump ermöglicht, obwohl er nicht nur politisch inkompetent ist, sondern ständig Unwahrheiten verbreitet. Dennoch immer wieder daran zu arbeiten benötigt etwas, was mir als gänzlich areligiösen Menschen ziemlich schwer fällt: Glauben.
Wichtig erscheint mir daneben aber auch, wieder klarer zu benennen, dass politische Gegner nicht allein die Rechten sind. Ich habe mich manchmal dabei erwischt, deren Darstellung zu übernehmen, dass alles was nicht verbohrt nationalistisch daherkommt, links sein müsse. So ist für sie natürlich Hillary Clinton eine Linke. Wie lächerlich. Was soll an dieser Interessenvertreterin der Wall Street links sein? Genau so wenig wie an Merkel. Auch wenn ich für manche ihrer Entscheidungen der letzten Jahre gewissen Respekt habe, muss doch wieder klarer gesagt werden, dass Merkel eine Politik im Auftrag der großen Lobbygruppen durchzieht. Und die SPD zieht mit. Nicht nur als Juniorpartner in der Groko. Fast noch intensiver hat sie das unter Kanzler Schröder, dem Genossen der Bosse, gemacht. Links heißt in allererster Linie antikapitalistisch. Und damit hat die Sozialdemokratie, nicht nur die deutsche, schon ewig nichts mehr am Hut. Die Grünen, im Kern eine erzkonservative Partei, auch kaum.
Also wird es wichtig sein, wieder stärker eben diesen Apologeten und Helfern der großen Wirtschaft auf die Füße zu treten und nicht aus falscher Zweckkumpanei gegenüber den noch viel weiter rechts Stehenden zu viel Rücksicht zu nehmen. Besonders die SPD muss immer wieder an ihre Geschichte und das „sozial“ in ihrem Namen erinnert werden.
Antikapitalistisch kann heute natürlich nicht mehr heißen, die Regierung zu stürzen, um die Produktionsmittel zu verstaatlichen. Das hat ja schon in der Vergangenheit zu nichts weiter als einem Staatskapitalismus geführt. Vielmehr muss alles gestärkt werden, was das Warenprinzip untergräbt, also Tauschen, Verschenken, Recyceln etc. Und das Bedingungslose Grundeinkommen wäre ein radikaler Schritt in diese Richtung mit dem Nebeneffekt, dass zumindest einige Leute mit Abstiegsängsten nicht mehr anfällig sind für die Propaganda der Leute, die sehr simple Lösungen für komplexe Probleme anbieten.