Schnapszahl

Was für ein Geburtsdatum: 9. 9. 1909. Das kann man so nicht planen, aber an Geburtsplanung konnte in der Handwerkerfamilie Bartel im oberlausitzer Dorf Sohland an der Spree sowieso keiner denken. Die spätere Frau meines Großvaters, Elisabeth Schmidt, kam übrigens am 1.1. ´10 zur Welt. Mit dreißig, die Tochter – meine Mutter – war noch keine fünf Jahre alt, kaufte der gelernte Zimmermann Willy Bartel ein marodes Fachwerkhaus im Nachbarort Wehrsdorf. Kaum mit der Sanierung begonnen, musste er in den Krieg ziehen. Zehn Jahre später kehrte er aus Kriegsgefangenschaft zurück, als überzeugter Kommunist und Freund der Sowjetunion. Die Tochter hatte unterdessen schon einen Jungen kennengelernt, den es als Umsiedler aus Schlesien mit seiner Familie nach Wehrsdorf verschlagen hatte. Bald schon wurde Willy Bartel Direktor der örtlichen Möbelfabrik und blieb es bis zur Rente. Doch er liebte vor allem das Leben, ging Sonntags zum Frühschoppen in die Dorfkneipe und verreiste mit Liesel häufig im Trabant, soweit man eben reisen durfte. Nach Uljanowsk, den Ort der Gefangenschaft, fuhren sie in den späten Sechzigern aber mit dem Zug. Am 1. Februar 1986 starb mein Großvater an den Folgen eines Schlaganfalls. Drei Jahre später lernte ich eine Russin kennen, die jetzt meine Frau ist. Die beiden hätten sich sicher gut verstanden.

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