Es ist ohne Zweifel ein intellektuelles Krankheitsbild, sich nicht einfach erfreuen zu können an schöner Architektur und angenehmer Atmosphäre, sondern immer nachzudenken: Wo liegt der Haken? Okay, das Schaulaufen der gutbetuchten Festspielbesucher wäre schon ein Anlass zur Sozialkritik. Andererseits: Im Unterschied zu anderen Kommunen werden Bettler und Penner aus den Fußgängerzonen nicht vertrieben. Doch dann endlich auf dem Mönchsberg vor dem Museum der Moderne jenes Schild mit einem Zitat von Thomas Bernhard: „Meine Heimatstadt ist in Wirklichkeit eine Todeskrankheit, in welche ihre Bewohner hieingeboren oder hineingezogen werden, und gehen sie nicht in dem entscheidenden Zeitpunkt weg, machen sie direkt oder indirekt früher oder später unter allen diesen entsetzlichen Umständen entweder urplötzlich Selbstmord oder gehen direkt oder indirekt langsam und elendig auf diesem im Grunde durch und durch menschenfeindlichen, architektonisch-erzbischöflich-stumpfsinnig-nationalsozialistisch-katholischen Todesboden zugrunde.“ Ha! Hab ich es doch geahnt. Allerdings gehört auch Größe dazu, solch eine Schmähung öffentlich zur Schau zu stellen. Und schön ist der Blick vom Mönchsberg trotzdem.
- Ein privates Blog von Jens Kassner zu Kunst, Literatur, Politik, Alltag und anderen Themen
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